Astronomie

Galaxienherz im Gammalicht

Hochenergetische Strahlung aus dem Sternentstehungsgebiet eines fremden Milchstraßensystems aufgespürt

Galaxie im Gammalicht: Diese mit H.E.S.S. gewonnene Ansicht zeigt das Herz des Milchstraßensystems NGC 253. Der schwarze Stern markiert das optische Zentrum und die weißen Konturen deuten die optische Ausdehnung der Galaxie an. Für das H.E.S.S.-Teleskopsystem erscheint das Galaxienzentrum punktförmig - wie der Vergleich einer simulierten künstlichen Punktquelle im Inset ("PSF") zeigt. © H.E.S.S.-Kollaboration

So manche ferne Milchstraße entpuppt sich als kosmischer Kreißsaal. In den Herzen dieser Starburst-Galaxien kommen viele massive Sterne zur Welt, die später als Supernovae explodieren. In deren Überresten wiederum werden Teilchen auf sehr hohe Energien beschleunigt. Mit den H.E.S.S.-Teleskopen haben Astrophysiker nun Gammalicht aus der Galaxie NGC 253 detailliert vermessen. Wie vorhergesagt, stammt diese hochenergetische Strahlung aus der zentrumsnahen Region höchster Supernova-Aktivität, so die Forscher im Wissenschaftsmagazin „Science Express“.

Mit einer Entfernung von rund zwölf Millionen Lichtjahren ist NGC 253 eine der uns nächst gelegenen Spiralgalaxien außerhalb der so genannten Lokalen Gruppe unserer Milchstraße und ihrer Begleiter. Beobachtungen im sichtbaren Licht sowie im Infrarot- und Radiobereich hatten schon früher ergeben, dass im Zentrum von NGC 253 ein kleines Gebiet mit sehr hoher Sterngeburtsrate existiert. Diese Region weist eine hohe Dichte an interstellarem Staub und Gas auf.

Sterne in der Energiekrise

Die darin entstehenden massereichen Sterne verbrauchen ihren Kernbrennstoff relativ rasch und taumeln am Ende ihres Lebens in die Energiekrise. Dabei kollabiert der Kern, während sich der Stern in einer finalen Explosion selbst zerstört. Eine solche Supernova leuchtet plötzlich millionen- oder gar milliardenfach heller auf als zuvor. Die in den Überresten der kosmischen Katastrophen extrem beschleunigten geladenen Teilchen erzeugen in Reaktionen mit dem umgebenden Medium oder mit elektro-magnetischen Feldern extrem energiereiche Gammaquanten.

Mit dem H.E.S.S.-Teleskopsystem in Namibia haben Astrophysiker in insgesamt 119 Stunden Beobachtungszeit in den Jahren 2005 bis 2008 die erwartete Gammastrahlung bei Energien oberhalb von 220 GeV (Milliarden Elektronenvolt) nachgewiesen. Die Quelle dieser Strahlung liegt genau im optischen Zentrum von NGC 253 und erscheint für H.E.S.S. punktförmig. Damit handelt es sich um die schwächste bisher aufgespürte Quelle im sehr hochenergetischen Gammastrahlungsbereich.

Kosmische Teilchenstrahlung mit enormer Dichte

Der von H.E.S.S. gemessene Strahlungsfluss aus dem Sternentstehungsgebiet von NGC 253 bedeutet eine enorme Dichte der kosmischen Teilchenstrahlung – sie liegt mehr als 1.000-fach höher als im Zentrum der Milchstraße. Außerdem ist aufgrund der hohen Gasdichte die Umwandlung von Teilchen- in Gammastrahlung um rund eine Größenordnung effizienter. Dementsprechend leuchtet die zentrale Region von NGC 253 im Gammalicht etwa fünfmal heller als die gesamte restliche Galaxie.

H.E.S.S.-Teleskope

Die vier H.E.S.S.-Teleskope mit je 108 Quadratmeter Spiegelfläche beobachten schwache bläuliche und extrem kurze Lichtblitze. Diese Tscherenkow-Strahlung wird von den Teilchenschauern ausgesandt, die entstehen, wenn hochenergetische Gammaquanten in der Erdatmosphäre mit Molekülen kollidieren.

H.E.S.S. steht für High Energy Stereoscopic System und ist seit Anfang 2004 in Betrieb. Seitdem sind viele wichtige Entdeckungen gelungen, das erste astronomische Bild eines Supernova-Überrestes in hochenergetischer Gammastrahlung etwa, oder der Nachweis von Galaxien mit aktiven Kernen im Gammalicht. Das derzeit in Bau befindliche fünfte, wesentlich größere Teleskop wird die Empfindlichkeit des Systems deutlich verbessern und den beobachtbaren Energiebereich ausdehnen.

(MPG, 28.09.2009 – DLO)

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Nano-Spaghetti

Die dünnsten Spaghetti der Welt

Wie Abnehmspritzen auch Alkoholikern helfen

Wie die Totenkopf-Pfeife der Azteken klingt

Ein Raubtier als Bestäuber?

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Big Eyes - Riesenteleskope und die letzten Rätsel im Kosmos

Bücher zum Thema

Unser Fenster zum Weltraum - 400 Jahre Entdeckungen mit Teleskopen von Lars Lindberg Christensen und Govert Schilling

Das Schicksal des Universums - Eine Reise vom Anfang zum Ende von Günther Hasinger

Hubble - Deep Space

Sternentstehung - Vom Urknall bis zur Sonne von Ralf Klessen

Was zu entdecken bleibt - Über die Geheimnisse des Universums, den Ursprung des Lebens und die Zukunft der Menschheit von John R. Maddox

Der Weltraum - Planeten, Sterne, Galaxien von Heather Couper & Nigel Henbest

Top-Clicks der Woche