Klettverschlüsse haben sich in der Industrie und im Haushalt längst durchgesetzt. Doch sie haben einen Haken: Für viele Anwendungen sind sie zu schwach. Münchener Wissenschaftler haben dieses Problem nun gelöst und Klettverschlüsse aus Federstahl entwickelt. Sie sind nicht nur gegen Chemikalien beständig, sondern halten auch bei 800°C noch einem Zug von bis zu 35 Tonnen pro Quadratmeter stand.
Als der Schweizer Erfinder George de Mestral nach einem Jagdausflug vor über 60 Jahren mal wieder mühsam die vielen Kletten aus dem Fell seines Hundes zupfen musste, kam ihm eine geniale Idee: Nach dem Vorbild der Natur konstruierte er einen Verschluss aus vielen kleinen Schlingen und Haken, den Klettverschluss.
„Der unschlagbare Vorteil einer Klettverbindung ist, dass sie einfach zu schließen und wieder zu öffnen ist“, erläutert Josef Mair vom Lehrstuhl für Umformtechnik und Gießereiwesen der Technischen Universität München. Das Haken-Ösen-Prinzip kommt deshalb vielseitig zum Einsatz: Als Alternative zu Schnürsenkeln, zum Befestigen medizinischer Bandagen und Prothesen oder als Kabelschutzmanschetten in der Elektronik von Automobilen und Flugzeugen.
Hitzebeständig und säurefest
Leider sind gängige Klettverbindungen aus Kunststoff nicht besonders beständig gegenüber Hitze und aggressiven Chemikalien. „Doch beispielsweise im Automobilbereich kann es sehr heiß werden. Schon ein in der prallen Sonne abgestelltes Fahrzeug erreicht Temperaturen von 80 °C. In der Nähe des Abgaskrümmers entstehen Temperaturen von mehreren Hundert °C. In Krankenhäusern werden zur Reinigung aggressive Desinfektionsmittel eingesetzt und beim Fassadenbau sind herkömmliche Klettbänder zu schwach“, erläutert Mair das Problem.
Unter der Leitung von Professor Hartmut Hoffmann entwickelten die Forscher nun eine elegante und zugleich beständige Lösung: „Metaklett“, die stählerne Klettverbindung. Und die hat es in sich. Denn Temperaturen über 800 °C oder aggressive Lösungsmittel sind kein Problem für Metaklett – und das bei einer Haltekraft von bis zu 35 Tonnen pro Quadratmeter bei Zug parallel zur Klettfläche. Senkrecht zur Klettfläche hält sie immer noch einer Zugkraft von sieben Tonnen pro Quadratmeter stand. Dennoch kann sie jedermann rasch und ohne jegliches Werkzeug lösen und wiederverschließen, wie einen Klettverschluss am Kinderschuh.
Elastischer Federstahl als Werkstoff
Als Werkstoff wählten die Forscher einen Federstahl, der hohe elastische Verformbarkeit mit hoher Festigkeit vereint. Am Computer entwarfen sie verschiedene dreidimensionale Modelle für das optimale Ineinandergreifen der Elemente. Vielversprechende Kandidaten bauten sie als Prototypen nach und unterzogen sie umfangreichen Tests. Allein von einer „Flamingo“ getauften Geometrie wurden rund 40 Variationen am Computer getestet. Dabei studierten die Forscher ihre Bindungsstärke und ihr Verhalten bei extremen Temperaturen, um die Grenzen ihrer Belastbarkeit auszuloten.
Zwei der geprüften Modelle machten schließlich das Rennen: ein Schnappverschluss, nämlich der Flamingo, und ein Haken-Ösen-System mit dem Namen „Entenkopf“. Beide bestehen aus einem 0,2 Millimeter dicken Hakenband und einem ebenso dicken Ösen- oder Lochband. Das Entenkopfmodell ist dem etablierten Kunststoff-Klettband nachempfunden. Zahlreiche filigrane Stahlhaken können in jedem beliebigen Winkel in die Ösen eines Stanzflauschbandes greifen.
Noch stabiler ist nach Angaben der Forscher die zweite Variante, der Flamingo. Er besteht aus breiteren Hakenelementen, die in die Durchbrüche eines Lochbandes einschnappen. Sie sind so gekrümmt, dass sie sich auf leichten Druck hin elastisch verformen und in die Löcher gleiten, ähnlich der Kunststoff-Steckschnallen an Rucksackriemen. Sie kehren sofort zu ihrer Ausgangsform zurück und halten durch die federnd spreizenden Arme wie ein Spreizniet einem Gegenzug stand.
Haken stehen im richtigen Winkel
Damit die Haken einschnappen können, müssen sie allerdings erst im richtigen Winkel, nämlich parallel oder senkrecht zum Lochband positioniert werden. Je nach Richtung der anliegenden Kraft hält diese Verbindung einer Belastung von sieben bis 35 Newton pro Quadratzentimeter stand, so die Wissenschaftler. Nach einem anfänglichen Verlust von etwa 20 Prozent während der ersten zehn Versuche blieb die Bindungsstärke über unzählige Wiederholungen hinweg konstant.
„Die tierischen Namen sind entstanden, um die vielfältigen Modelle zu unterscheiden. Die Hakenformen erinnern entfernt an einen Entenkopf und einen Flamingo auf einem Bein“, erklärt Mair die kreative Nomenklatur. Als dritte Alternative konzipierten die Wissenschaftler das Modell „Hybrid“, das ein Hakenband aus Stahl mit einem Flauschband aus Kunststoff kombiniert und so Textilien auf stabile, reversible Art befestigen kann.
Metaklett mit vielen Anwendungsmöglichkeiten
Mögliche Einsatzfelder für Metaklett sind nach Ansicht der Forscher prinzipiell alle Bereiche, die auf leicht wieder lösbare aber stabile Verbindungen angewiesen sind – beispielweise die Gebäudetechnikindustrie, insbesondere der Klima- und Lüftungsbau sowie der Fahrzeugbau.
(idw – Technische Universität München, 03.09.2009 – DLO)