Biologie

Rätselhafte „rote Flut“ an Schweizer See aufgeklärt

Dinoflagellat Tovellia sanguinea färbte Seealpsee rot

Massenansammlung von roten Zysten von Tovellia sanguinea © Lukas Taxböck

Ende Juli färbte sich das Wasser des Schweizer Seealpsees plötzlich blutrot – mit zunächst unbekannter Ursache. Jetzt haben Wissenschaftler anhand von Proben das Phänomen aufgeklärt: eine Massenvermehrung einzelliger Planktonorganismen, der Dinoflagellaten, war schuld. Im Süßwasser sind solche „Blüten“ dieser Arten extrem selten.

Als Rote Flut – „red tide“ – bezeichnen die Amerikaner die Phasen, in denen sich plötzlich ganze Meeresregionen rot verfärben. Ursache dieses Phänomens ist eine Massenvermehrung von einzelligen Planktonorganismen, den Dinoflagellaten. Von den über 2.000 bekannten Dinoflagellaten-Arten sinde jedoch nur einige, die solche „Vlüten“ auslösen können. Nicht selten werden dabei starke Giftstoffe produziert, die in der Nahrungskette (beispielsweise in Muscheln) angereichert werden und auch für den Menschen höchst gefährlich sein können.

Rote Fluten im Süßwasser sehr selten

Im Süsswasser sind rote Wasserverfärbungen zwar hie und da anzutreffen, durch Dinoflagellaten verursachte Blüten sind aber selten. Ein bekanntes Beispiel eines rot verfärbten Sees ist der Lago di Tovel, ein Bergsee in den Trentiner Alpen in Norditalien, der sich in 1.140 Metern über dem Meeresspiegel befindet. Bis vor 45 Jahren war er wegen seiner regelmässig auftretenden roten Farbe eine große Touristenattraktion. Dann jedoch, vermutlich wegen eines reduzierten Nährstoffeinstroms aus der Landwirtschaft, hörten die Blüten auf. Im Juli 2009 jedoch gab es wieder ein Rotfärbung, diesmal im Seealpsee bei Wasserauen im Kanton Appenzell Innerrhoden.

Das Wasser war in dem Säntis zugewandten Seeteil während einiger Tage blutrot gefärbt, entfärbte sich dann aber wieder langsam. Das Phänomen sorgte für einiges Aufsehen, zumal unklar war, was diese Farbe verursacht hatte. Eine Forschergruppe der Universitäten Zürich und Kopenhagen sowie der ETH Zürich hat sich nun des Problems angenommen und das Phänomen studiert.

Dinoflagellat Tovellia sanguinea schuld an Rotfärbung

Ihre Untersuchungen zeigen, dass die rote Farbe des Seealpsees durch Tovellia sanguinea verursacht wurde, einem einzelligen Organismus aus der Gruppe der Dinoflagellaten. Die gleiche Art war es auch, die den Lago di Tovel damals regelmnäßig erröten ließ. Das Vorkommen im Seealpsee ist damit erst die zweite bekannte rote Massenentwicklung dieser Art und die erste in den Schweizer Alpen.

Für die Wissenschafter ist das Ereignis im Seealpsee eine interessante Entdeckung, für die Wanderer ein einzigartiges Naturerlebnis und für die Alpbetreiber eine zusätzliche Attraktion. Für die Umweltbehörden der Region ist dies jedoch ein Grund mehr, den Gebirgsgewässern Sorge zu tragen.

(Universität Zürich, 21.08.2009 – NPO)

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