Candida albicans, ein einzelliger Hefepilz, den 75 Prozent aller Menschen in sich tragen, paart sich auch gleichgeschlechtlich. Wissenschaftler haben im Labor erstmals beobachtet, dass die sexuelle Vermehrung dieser Pilzart nicht nur mit Zellen des jeweils anderen Geschlechtstyps stattfindet, sondern auch unter gleichen Zelltypen. Diese jetzt in „Nature“ veröffentlichte Erkenntnis eröffnet auch wichtige Einblicke in die Vermehrung von vermeintlich oder tatsächlich eingeschlechtlichen Arten.
Der Hefepilz Candida albicans ist ein Allerweltspilz: 75 Prozent aller Menschen tragen ihn im Darm oder auf der Haut mit sich – ohne etwas davon zu spüren. Doch bei Menschen mit angegriffenem Immunsystem kann ein Candida-Befall schwere Erkrankungen wie Lungenentzündung und letztlich sogar Organausfälle auslösen. Die Ausbreitung des einzelligen Hefepilzes erfolgt sowohl über Sprossung und fädige Ausläufer als auch durch Sporenbildung. Auch eine sexuelle Vermehrung – der Austausch genetischen Materials zwischen zwei verschiedenen Zellen – kommt vor.
Dem „Sex“ von Candida auf der Spur
Dass diese sexuelle Vermehrung allerdings auch ganz anders ablaufen kann, als bisher angenommen, haben nun Forscher der amerikanischen Brown Universität herausgefunden. „Candida albicans hat zwei Paarungstypen – a und alpha – und es wurde bisher angenommen, dass eine Paarung nur zwischen diesen beiden Zelltypen möglich ist“, erklärt Richard Bennett, Assistenzprofessor für Biologie an der Universität.
Um dies nachzuprüfen, beobachteten die Wissenschaftler die Vermehrung von 19 Isolaten von Candida albicans über zwei Jahre hinweg. Wie erwartet gab es Paarungen zwischen den beiden unterschiedlichen „Geschlechtern“ des Pilzes. Aber – und das war die große Überraschung – auch ein Genaustausch zwischen Zellen des gleichen Typs kam vor.
Paarung auch mit Zellen gleichen Typs
„Diese Entdeckung hat uns wirklich fasziniert”, so Bennett. „Wir wissen jetzt, dass es einen Mechanismus für gleichgeschlechtliche Paarung gibt. Demnach könnte die sexuelle Vermehrung in dieser Art auch weitaus verbreiteter sein als bisher angenommen.“ Denn bei Candida albicans sind Zellen des zweiten „Geschlechts“ so selten, dass der Pilz lange Zeit zu den Fungi imperfcti gerechnet wurde – den Pilzen ohne sexuelle Befruchtung.
Die Entdeckung eröffnet nicht nur eine neue Sicht auf den Hefepilz Candida, sondern auch auf andere Organismen, bei denen nur ein Geschlecht bekannt ist. Nach Ansicht von Bennett deutet der neu nachgewiesene Mechanismus gleichgeschlechtlicher Paarung darauf hin, dass es Sex auch in unisexuellen Populationen geben kann – bisher galten solche Arten als asexuell.
Pheromone auch bei gleichgeschlechtlicher Paarung
Die Wissenschaftler deckten jedoch nicht nur auf, dass es diese Form des gleichgeschlechtlichen Genaustauschs gibt, sie erhielten auch Hinweise, welche Mechanismen beteiligt sind. So beobachteten sie die Freisetzung von hohen Konzentrationen von Sexuallockstoffen, Pheromomen, bei den gleichgeschlechtlichen Paarungen.
Erst vor kurzem haben Forscher eines anderen Labors ebenfalls gleichgeschlechtliche Paarungen bei einem Pilz nachgewiesen. Die ebenfalls als Krankheitserreger beim Menschen verbreitete Art Cryptococcus neoformans ist jedoch nicht mit Candida verwandt. Nach Bennet deutet dies darauf hin, dass diese gleichgeschlechtlichen Paarungsformen sich unabhängig voneinander entwickelt haben könnten. Für das Verständnis der Ausbreitung von mikrobiellen Krankheitserregern könnten diese Funde eine große Bedeutung haben.
(Brown University, 14.08.2009 – NPO)