Astronomie

Galaxiencluster: Turbulenzen verhindern Sternenbildung

Dynamisches Gleichgewicht zwischen Turbulenz und Materieausstoß der zentralen Schwarzen Löcher

Gastemperaturen um das Schwarze Loch in der Simulation (blau= kühl, orange=heiß) © E. Scannapieco/ M. Bruggen / ASU Fulton High Performance Computing Initiative

Warum entstehen im Zentrum der Galaxiencluster keine Sterne? Diese Frage hat jetzt eine Simulation beantwortet, die die Prozesse um die zentralen Schwarzen Löcher dieser größten Strukturen des Universums rekonstruierte. Sie zeigt, dass der Ausstoß von Materie als Jets Turbulenzen erzeugt, die wiederum eine Sternenbildung verhindern.

Galaxien stehen nicht einfach allein im Kosmos, sie bilden größere Strukturen, die Cluster. Seit langem ist bekannt, dass das intergalaktische Gas im Zentrum einiger dieser Galaxiencluster sich sehr schnell abkühlt und kondensiert. Seltsamerweise aber führt diese Kondensation nicht wie erwartet zur Sternenbildung. „Es gibt zwei Arten von Clustern: solche mit kalten Kernen und solche mit nicht-kalten“, erklärt Evan Scannapieco, Assistenzprofessor von der Arizona State University (ASU).

Im Zentrum jedes Clusters mit einem kalten Kern sitzt ein Schwarzes Loch, Milliarden Mal massereicher als die Sonne. Ein Teil der abkühlenden Materie bildet eine dichte Scheibe um dieses Schwarze Loch, ein anderer wird eingesaugt und ein wieder anderer wird nach außen weggeschleudert. Die Röntgenaufnahmen zeigen deutlich, dass dieser Ausstoß in regelmäßigen Zyklen verläuft.

Aber warum ereignen sich diese Jets so regelmäßig? Und warum entstehen aus dem sich abkühlenden Gas keine Sterne? Die Astronomen vermuteten, dass ein bisher unbekannter Mechanismus den Abkühlungsprozess des Gases immer kurz davor stoppt. „Es sah so aus, als wenn die Jets, die aus den Schwarzen Löchern kamen, irgendwie dafür verantwortlich sind, das Abkühlen zu bremsen“, so Scannapieco.

Turbulenz als Schlüsselfaktor

Um die Ursache herauszufinden, setzte der Forscher gemeinsam mit seinem Kollegen Professor Marcus Brüggen von der Jacobs Universität in Bremen die leistungsstarken Supercomputer der Arizona State Universität ein, um eine dreidimensionale Simulation eines solchen rätselhaften Clusters zu erzeugen. Im Gegensatz zu bisherigen Modellen nahmen sie dabei auch den Faktor der Turbulenzen im Gas rund um das Schwarze Loch mit in die Berechnungen mit auf.

Und genau dies stellte sich tatsächlich als der Schlüsselfaktor heraus: Die Simulation ergab, dass erst die Turbulenz gemeinsam mit dem Schwarzen Loch das System in der Balance hält. Wenn sie fehlte, dann würden die von der Singularität ausgestoßenen Jets stärker und stärker werden und das kalte, in den Nahbereich des Schwarzen Lochs einströmende Gas beim Abkühlen einen Schwarm neuer Sterne bilden. Wenn jedoch die Turbulenz hinzukommt, pendelt sich das Abkühlen ein und es entstehen regelmäßige Zyklen der Aktivität.

Ständig wiederholter Zyklus

„Wenn man turbulente Strömungen hat, dann gibt es zufällige Bewegungen in allen Größenordnungen. Jeder Jet von ausgestoßenem Material erzeugt eine Turbulenz, die alles durcheinander mischt,“ so Scannapieco. Die Simulation zeigt den Ablauf eines typischen Zyklus: zunächst nähert sich ein Teil des abkühlenden Gases dem Schwarzen Loch und wird als Jet ausgestoßen. Dieser Ausstoß erzeugt Turbulenzen, die die Gase durcheinander wirbeln und verhindern, dass weiteres Gas abkühlt und zum Schwarzen Loch sinkt. Auch eine Sternenbildung ist damit blockiert. Nach einer Weile jedoch klingen die Turbulenzen wieder ab und ein wenig kaltes Gas kann erneut einströmen. Wieder löst dies einen Jet aus, der wiederum Turbulenzen erzeugt.

„Wir haben unsere Simulationen verbessert, so dass sie diese kleinen Turbulenzen erfassen können. Und obwohl wir sie nicht direkt beobachten können, können wir abschätzen, was sie tun“, erklärt der Forscher. „Die Zeit, die es dauert, bis diese Turbulenzen abklingen, entspricht genau der Zeitspanne, die zwischen zwei Jet-Ausbrüchen vergeht.“

(Royal Astronomical Society (RAS), 16.07.2009 – NPO)

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