Wie überstehen Menschen einen Flug zum Mars? Und wie lässt sich ihre Leistungsfähigkeit erhalten? Diese Fragen standen im Mittelpunkt der Isolationsstudie „Mars500“. 105 Tage lang waren sechs Menschen, darunter auch der deutsche ESA-Teilnehmer Oliver Knickel, in einen Container eingeschlossen und probten den „Ernstfall“.
Das 105-tägige Raumflug-Simulationsexperiment „Mars500“ ist am 14. Juli in Moskau zu Ende gegangen. Die sechsköpfige Mannschaft verließ das Modulsystem im Institut für Biomedizinische Probleme (IBMP) der Russischen Akademie der Wissenschaften und unterzieht sich nun gründliche Untersuchungen. Sind die Ergebnisse positiv, wird das Experiment mit einer realitätsnahen Flug- und Aufenthaltsdauer in die zweite Phase gehen. 520 Tage lang werden dann – voraussichtlich im März 2010 – erneut Astronauten in das Marsmodul einziehen. Neu daran: für diese Phase wurde eigenes eine virtuelle Marsoberfläche konstruiert, auf der sich dann drei „Kosmonauten“ 20 Tage lang aufhalten werden.
Leben im „Raumschiff“-Container
Im Mittelpunkt der Mars500-Studie steht die Frage: Wie kann die physische und psychische Leistungsfähigkeit eines Menschen unter den extremen Bedingungen einer Langzeit-Weltraummission aufrechterhalten werden? Getestet wurde dies im Mars500-Container, einem röhrenförmigen Modulsystem mit einer Wohn- und Arbeitsfläche von 180 Quadratmetern. Hinzu kamen Kühlzellen für die Nahrungsmittel, die größtenteils von deutschen Zulieferern zur Verfügung gestellt wurden, sowie eine Quarantänestation.
Das Gravitationsfeld und der Luftdruck waren unbeeinflusst, der Sauerstoffgehalt wurde in regelmäßigen Abständen angeglichen. Der Funkverkehr zur „Bodenstation“ und zurück erfolgte mit bis zu 40-minütiger Verzögerung. In der nun abgeschlossenen ersten Phase bestand die Mars500-Crew aus: Oliver Knickel (Deutschland), Cyrille Fournier (Frankreich), Commander Sergey Ryazanskiy, Aleksey Baranov, Aleksey Shpakov und Oleg Artemiev (alle Russland).
Erste Ergebnisse positiv
Die ersten Auswertungen der Experimente laufen bereits – bisher mit guten Ergebnissen. So funktionierte eine von der Schweriner Firma Airsense Analytics „elektronische Nase“ einwandfrei. Das Sensorsystem zur Detektion mikrobakterieller Verunreinigung konnte im Rahmen der 105-Tage-Studie keine gravierenden Veränderungen der künstlichen Atmosphäre im Modulsystem feststellen. Im nächsten Schritt arbeiten nun DLR, IBMP und das ebenfalls beteiligte Zentrum für Umweltforschung und nachhaltige Technologien der Universität Bremen daran, einen Langzeit-Einsatz der elektronischen Nase auf der Internationalen Raumstation ISS vorzubereiten.
Eine positive Zwischenbilanz ziehen auch die Wissenschaftler der Universität Erlangen-Nürnberg. Sie konnten über eine Dauer von mehreren Monaten Stoffwechselprodukte und Blutdruckwerte der Mars500-Teilnehmer sammeln. Bei der streng kontrollierten Nahrungsmittelzufuhr wechselten sich Hochsalz- und Niedrigsalzphasen ab. Die Auswertung ist bereits angelaufen. Es scheint sich der Eindruck zu bestätigen, dass eine Reduzierung der täglichen Salzzufuhr von zwölf auf neun Gramm geeignet ist, den menschlichen Blutdruck nachhaltig zu senken.
„Mit den ersten Ergebnissen von Mars500 sind wir hochzufrieden“, sagte der DLR-Vorstandsvorsitzende Professor Johann-Dietrich Wörner in Moskau. „Die Zusammenarbeit mit den Partnern ESA und IBMP war überaus fruchtbar. Das DLR hat mehrere Experimente zu Mars500 beigesteuert, deren Ergebnisse helfen werden, zukünftige bemannte Langzeitmissionen zu gestalten.“ Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ist neben dem IBMP und der Europäischen Weltraumorganisation ESA maßgeblich an Mars500 beteiligt.
(Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), 15.07.2009 – NPO)