Schweizer Wissenschaftler sind bei der Erforschung von allergischen Reaktionen einen großen Schritt weiter gekommen. Sie konnten zeigen, dass die genaue Platzierung von bestimmten Signalstoffen in der Zellmembran eine entscheidende Rolle dabei spielt, dass Histamin freigesetzt wird.
Ihre Erkenntnisse sind wichtig für das Verständnis der Vorgänge, die auch bei Entzündung und Krebs beteiligt sind, schreiben die Wissenschaftler der Universität Basel in der Fachzeitschrift „Science Signaling“.
Mastzellen sind der Schlüssel
Bei Allergieerkrankungen wie Heuschnupfen oder dem anaphylaktischen Schock, ausgelöst durch Bienengift, sind so genannte Mastzellen beteiligt. Diese tragen einen Rezeptor auf ihrer Oberfläche, der durch den Antikörper Immunoglobulin E und Allergen aktiviert wird. Als Folge davon werden an der Innenseite der Zellmembran Signalmoleküle konzentriert.
Diese wiederum stellen Verankerungspunkte für bestimmte Enzyme bereit, die fettartige Lipide, genauer Phosphoinositide, umsetzen. Diese Enzyme, PI3-Kinasen (PI3K) genannt, bilden ein negativ geladenes Lipid, das nur in der Zellmembran der Mastzelle vorkommt: Es entsteht das Lipid PIP3, ohne welches kein Histamin freigesetzt wird.
Wie das Forscherteam um Thomas Bohnacker und Professor Matthias Wymann am Departement Biomedizin zeigte, genügt es nicht einfach, PIP3 zu produzieren – dieses Signal-Lipid muss in der Mastzellmembran auch richtig lokalisiert werden. Dafür ist normalerweise das Adaptorprotein p84 zuständig, welches das Enzym PI3K, das PIP3 produziert, in eine spezielle Domäne der Membran bringt. In anderen Zellen, etwa den Lymphozyten des Immunsystems, übernimmt dies ein anderes Adaptorprotein, nämlich p101. Biochemisch verhalten sich p84 und p101 identisch.
Freisetzung von Histamin bleibt aus
Wird nun aber das Adaptorprotein p101 in Mastzellen gebracht, wird zwar noch immer PIP3 produziert, doch die Freisetzung von Histamin bleibt aus. Den Grund für die unterschiedlichen Aktivitäten der beiden Enzymkomplexe mit den verschiedenen Adaptorproteinen konnten die Basler Forscher schließlich mit fluoreszenten Proben sichtbar machen: Während PIP3 aus dem Enzymkomplex mit p84 in der Zellmembran verbleibt, wandert PIP3 aus dem Komplex mit p101 nach innen zum Zellkern.
Wymann und seine Mitarbeiter hatten bereits früher gezeigt, dass PI3K in verschiedenen Krankheitsmodellen für chronische Entzündung, rheumatoide Arthritis, kardiovaskuläre Prozesse und Arteriosklerose sowie den anaphylaktischen Schock eine Rolle spielt. Obschon die PI3K wegen ihrer vielfältigen Effekte als Angriffsziel für Medikamente geeignet scheint, könnten sich einige der genannten Effekte bei langanhaltenden Therapien als Nebenwirkungen bemerkbar machen.
Wichtige neue Erkenntnisse
Die neue Erkenntnis, dass PI3K in zwei zellspezifischen Komplexen verschiedene Zellantworten differenziert auslösen kann, zeigt neue Möglichkeiten auf, seine Aktivität therapeutisch zu kontrollieren, so die Forscher.
(idw – Universität Basel, 18.06.2009 – DLO)