Antikörper sind zentrale Waffen des Immunsystems. Sie erkennen Viren und Bakterien und alarmieren daraufhin die körpereigene Abwehr. Biochemiker haben nun den Ablauf der Qualitätskontrolle entschlüsselt, mit der die Zelle sicherstellt, dass nur korrekt gefaltete und damit funktionstüchtige Antikörper ausgeliefert werden.
{1r}
Das Verständnis dieses Qualitätssicherungsschritts könnte die Bemühungen um die biotechnologische Herstellung von Antikörpern entscheidend voran bringen, berichten die Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) in der Fachzeitschrift „Molecular Cell“.
Antikörper mit vielfältigen Aufgaben
Ohne Antikörper würde das menschliche Immunsystem nicht funktionieren. Sie erkennen Moleküle an der Oberfläche von Eindringlingen wie Bakterien oder Viren, heften sich an und aktivieren damit die Abwehrreaktionen des Körpers.
In jüngster Zeit haben Antikörper zudem große Bedeutung als Medikamente in der Krebstherapie erlangt. Auch für viele andere Anwendungen, insbesondere für den Nachweis geringster Spuren einer Substanz, eignet sich das Schlüssel-Schloss-Prinzip der Antikörper. Die Wissenschaftler versuchen nun zu verstehen, wie sie in der Natur gebildet werden, um gezielt Antikörper mit speziellen Eigenschaften herstellen zu können.
Qualitätskontrolle bei der Synthese von Antikörpern
„Die sichere Erkennung gefährlicher Eindringlinge ist für den Körper lebenswichtig“, erläutert Professor Johannes Buchner von der TUM. „Fehlfunktionen, wie Autoimmunkrankheiten, richten schweren Schaden im Organismus an. Die Natur hat daher eine präzise Qualitätskontrolle bei der Synthese von Antikörpern geschaffen.“ Wie die auf molekularer Ebene in der Zelle genau funktioniert, haben Buchner und sein Kollege Matthias J. Feige nun herausgefunden.
Antikörper sind komplexe Eiweiße, die in spezialisierten Zellen aus vier Aminosäureketten zusammengesetzt werden. In einer Kooperation mit Professor Horst Kessler und dem Bayerischen NMR-Zentrum an der TU München, sowie mit Professor Linda Hendershot in Memphis, USA, fanden die Forscher einen Abschnitt des Antikörpermoleküls, der aufgrund seiner besonderen strukturellen Eigenschaften den Schlüssel zum Verständnis der Qualitätskontrolle darstellt. In den Eiweißketten gibt es zwei Bereiche, die strukturell sehr ähnlich sind.
Die TUM Wissenschaftler entdeckten, dass überraschenderweise einer sich spontan faltete, der andere jedoch nicht. Diesem auf den ersten Blick unverständlichen Unterschied gingen die Forscher weiter nach und klärten den zugrunde liegenden Mechanismus auf.
Molekulare „Anstandsdamen“
An die ungefaltete Kette lagert sich danach, solange der Antikörper noch nicht vollständig aufgebaut ist, ein anderes Protein an, das so genannte Chaperon BiP. Es verhindert, dass der unfertige Antikörper aus der Zelle ausgeschleust werden kann. Erst die noch fehlende Untereinheit des Antikörpers induziert die spontane Faltung, wobei das Chaperon abgelöst wird und den fertigen Antikörper frei gibt. Fehlt diese Untereinheit oder ist sie nicht korrekt gefaltet, wird der Antikörper zurückgehalten und schließlich wieder abgebaut.
Diese Entdeckung liefert nach Meinung der Forscher nicht nur grundlegende Einsichten in die molekularen Funktionsprinzipien unseres Immunsystems, sie ermöglicht es auch, Antikörper für die biotechnologische Produktion zu optimieren.
(idw – Technische Universität München, 16.06.2009 – DLO)