Mithilfe eines Supercomputers haben Geologen erstmals rekonstruiert, wie die verschiedenen Eisenisotope im Erdinneren verteilt waren, bevor sich die Erdschichten bildeten. Wie sie in der Fachzeitschrift „Nature Geology“ berichten, erzeugten sie im Modell virtuell die gewaltigen Kräfte, die den Planeten vor 4,5 Milliarden Jahren aus einem Ozean aus flüssigem Magma zu fester Erde kristallisieren ließen.
Eingeschoben zwischen der Erdkruste und dem Kern liegt der Erdmantel. In ihm sind 85 Prozent des Gesamtvolumens unseres Planeten enthalten. In menschlichen Zeitmaßstäben gesehen, erscheint diese Schicht des Erdinneren fest und stabil. Doch über Millionen von Jahren hinweg bringen die Hitze aus dem Kern und der radioaktive Zerfall im Mantel selbst das Mantelmaterial in eine langsame Bewegung, ähnlich wie das zähflüssige Strömen einer kochenden, dickflüssigen Suppe. Diese Konvektionsströmung ist es auch, die die tektonischen Platten antreibt und Phänomene wie Vulkanismus und Erdbeben verursacht.
Doch trotz seiner immensen Bedeutung ist der Erdmantel für die Wissenschaft noch immer ein nahezu weißer Fleck auf der geologischen Landkarte. Direkte Informationen über die Zusammensetzung des Mantels lassen sich nur über Gesteinsbrocken gewinnen, die an den mittelozeanischen Rücken oder in Hotspots aus dem Mantel an die Oberfläche transportiert wurden. Von diesen könnten einige immerhin aus Tiefen von fast 3.000 Kilometern stammen, vom Übergang zwischen Mantel und Kern.
Eisen-Isotope als Indizien
Anhand der Zusammensetzung und Veränderungen, die die in ihnen enthaltenen Eisenisotope aufweisen, können Geologen rekonstruieren, was mit dem Mantelgestein im Laufe der Erdgeschichte geschehen ist. Allerdings hat das Ganze einen Haken: Solange nicht bekannt ist, wie die Mineralzusammensetzung zu Beginn der gesamten Entwicklung aussah, fehlt diesen Schlussfolgerungen quasi die Basis.
„Geologen nutzen Isotope, um physikalisch-chemische Prozesse zu verfolgen ähnlich wie Biologen die DNA nutzen um die Evolution des Lebens zu untersuchen“, erklärt Qing-zhu Yin von der Universität von Kalifornien in Davis. Vorausgesetzt, sie kennen die „Ursprungssequenz“. Er und sein Kollege James Rustad haben nun mithilfe eines anderen Ansatzes versucht, das Dilemma zu lösen.
Modell simuliert Prozesse der Mantel-Kern-Grenze
Sie konstruierten ein Modell der konkurrierenden Druck- und Temperaturbedingungen im Erdmantel zwischen Krustengrenze und Erdkern. Hier, bei rund 4.200 Grad Hitze, werden die Isotopenunterschiede zwischen Mineralien auf ein minimales Niveau reduziert, während der enorme Druck die Grundform des Atoms selbst verändert, ein Phänomen, das als Spin-Übergang bezeichnet wird.
Mithilfe von Rustads leistungsstarkem 144-Prozessor-Computer, berechneten die beiden Forscher die Eisenisotop-Zusammensetzung von zwei Mineralen unter unterschiedlichen Druck- und Temperaturbedingungen sowie bei verschiedenen elektronischen Spinzuständen, wie sie vom unteren Mantel bekannt sind. Die Minerale, Ferroperovskit und Ferropericlase, enthalten nahezu alles Eisen, das in diesen Tiefen in der Erde vorkommt.
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Druck sammelte schwere Isotope im unteren Mantel
Nach einem Monat Rechenzeit spuckte der Computer die Ergebnisse aus: Das Modell belegte, dass in der Frühzeit der Erde der starke Druck die ausschlaggebende Kraft war: Er sorgte dafür, dass sich die schwereren Isotope nahe dem Grund des kristallisierenden Mantels konzentrierten.
„Jetzt haben wir eine Idee, wie diese Isotope ursprünglich in der Erde verteilt waren“, erklärt Rustad. „Wir sollten nun die Isotopen dazu nutzen können, die inneren Mechanismen des ‘Erdmotors’ zu entschlüsseln”. Sein Kollege Yin ergänzt: “Wenn diese theoretischen Vorhersagen eines Tages durch Gesteinsproben aus dem unteren Mantel belegt werden, wird dies ein Heureka-Moment sein.“
Doch der nächste logische Schritt für ihn und Rustad sei es nun, die Variation der Eisenisotope in verschiedenen Substanzen zu untersuchen, die den Bedingungen an der Kern-Mantel-Grenze ausgesetzt werden. „Es liegt noch viel Arbeit vor uns, und das ist aufregend“, so der Forscher.
(University of California – Davis, 16.06.2009 – NPO)