Biologie

Häher: Warnrufe so komplex wie bei Menschenaffen

Spezifische „Mobbing“-Rufe kommunizieren Art und Stärke der Gefahr

Unglückshäher (Perisoreus infaustus) © Universität Uppsala

Unglückshäher, Verwandte unserer Eichelhäher, verjagen ihre Feinde durch gemeinschaftliches Mobben und äußern dabei spezifische Rufe. Die Komplexität dieser Signale steht dabei den expliziten Warnrufen von Menschenaffen und Meerkatzen in nichts nach, wie schwedische Forscher jetzt herausgefunden haben. Die Tiere kommunizieren sowohl die Art des Prädators als auch das Niveau der Bedrohung.

Unglückshäher (Perisoreus infaustus) sind die nördlichen Verwandten des bei uns heimischen Eichelhähers. Die knapp 30 Zentimeter großen Vögel leben in Skandinavien und in den Nadelwäldern der sibirischen Taiga. Wenn sie einen Feind sichten, flüchten sie normalerweise sofort. Anders jedoch verhalten sie sich aber, wenn sie einem Prädator begegnen, der nicht gerade auf Beutejagd ist, sondern ruht. Dann ruft der Häher mithilfe eines spezifischen Lauts Artgenossen heran und die Vögel beginnen, den Feind trotz der Gefahr ausgiebig zu „mobben“.

Mobbing-Rufe verraten Art und Stärke der Gefahr

Dabei äußeren sie spezifische „Mobbing-Rufe“, die jetzt von dem Zoologen Michael Griesser von der Universität von Uppsala in Schweden erstmals genauer analysiert worden sind. Bisher gab es die Vermutung, dass die Unglückshäher mit ihren Mobbing-Rufen entweder den Grad der Gefahr kommunizieren oder aber vielleicht auch die Art des Feindes. Griesser konnte nun nachweisen, dass die Häher beide Faktoren gleichzeitig kommunizieren. Entsprechend komplex ist die Kommunikation.

„Das Geschnatter der mobbenden Häher ist ziemlich komplex”, erklärt Griesser. „Die Vögel nutzen mehr als ein Dutzend unterschiedlicher Rufe, von denen einige spezifisch für Eulen, andere für Habichte sind, die beiden Hauptfeinde der Häher.“ Zudem passen die Unglückshäher ihre Rufe auch an die Zusammensetzung der Gruppe an: Familien rufen beispielsweise deutlich häufiger als Gruppen, die aus nicht verwandten Einzeltieren bestehen.

Komplexere Kommunikation in Familiengruppen entwickelt?

Insgesamt verfügen die Häher über ein Vokabular von mehr als 25 verschiedenen Vokalisationen, von denen einige situationsspezifisch sind, während andere in unterschiedlichen Zusammenhängen gebraucht werden. Die einzige andere Tierart mit einem ähnlich umfangreichen „Wortschatz“ beim Mobben von Fressfeinden sind die Meerkatzen, Säugetiere, die in großen Familienverbänden leben. „Meine Studie unterstützt die These, dass der Zwang, Begegnungen mit Prädatoren zu überleben, eine wichtige Rolle in der Entwicklung komplexer tierischer Kommunikation gespielt haben könnte“, so Griesser.

Nicht nur unsere eigenen Vorfahren, sondern auch Familiengruppen einiger heute lebender Tierarten nutzen ihre kognitiven Fähigkeiten um Fressfeinde auszumanövrieren. Das gemeinschaftliche Mobben erhöht die Überlebenschance der eigenen Gene – und wenn es nur durch das Weiterleben von Nachkommen oder eng Verwandten ist. Demgegenüber neigen Tiere, die in Gruppen von nicht-verwandten Tieren leben dazu, sich auf das Glück zu verlassen. Nach dem Motto: Hoffentlich trifft es meinen Nachbarn, nutzen sie meist keine Kommunikationssysteme um sich Gefahren mitzuteilen.

(Univesität Uppsala, 09.06.2009 – NPO)

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