Das größte Sonnenobservatorium der Welt ist gestern erfolgreich an einem Helium-Ballon in die Stratosphäre gestartet. Fünf Tage lang schwebt es um den Nordpol und soll von dort aus die Sonne mit bisher unerreichter Genauigkeit beobachten. Das Teleskop und seine Instrumente nehmen dabei besonders die solarren Amgnetfelder ins Visier.
Um 8.27 Uhr hob der Helium-Ballon der Mission SUNRISE mit einem Fassungsvermögen von etwa einer Million Kubikmetern von der Startbahn der europäischen Weltraumbasis ESRANGE im nordschwedischen Kiruna ab. Er trug das Sonnenobservatorium SUNRISE, das unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) entstanden ist, in Richtung Stratosphäre. Neben weiteren wissenschaftlichen Instrumenten trägt SUNRISE das größte Sonnenteleskop, das jemals den Erdboden verlassen hat, an Bord.
Einzigartiger Blick auf die Sonne
In den nächsten fünf Tagen werden Polarwinde den Ballon und das Sonnenobservatorium westwärts über den Nordatlantik, Grönland und Nordkanada tragen. Da in diesen Breiten die Sonne im Sommer nicht untergeht, können die Wissenschaftler dabei das Teleskop ununterbrochen auf unser Zentralgestirn richten. Ungestört von Turbulenzen in der Atmosphäre, die SUNRISE in dieser Höhe zu 99 Prozent unter sich gelassen hat, genießt das Sonnenobservatorium einen einzigartigen Blick auf die Sonne.
„Wir erwarten deshalb, dass SUNRISE die fein strukturierte Oberfläche der Sonne und die Verteilung der Magnetfelder mit einer Auflösung von bis zu 35 Kilometern sichtbar machen wird“, erklärt Sami K. Solanki, Geschäftsführender Direktor des MPS und Leiter der SUNRISE-Mission. Das ist so, als könnte man aus Hannover eine Euro-Münze im etwa 100 Kilometer entfernten Katlenburg-Lindau erkennen.
Bereits erste Signale gesendet
„Gestern Abend, als wir SUNRISE ins Freie bringen wollten, begann es leicht zu regnen“, sagt Projektleiter Peter Barthol vom MPS. „Dadurch haben sich die Startvorbereitungen um zwei Stunden verzögert.“ Um 8.27 Uhr am nächsten Morgen war es dann aber soweit: Vom Ballon getragen stieg SUNRISE wie geplant in den Himmel. Schon während des Aufstiegs sendete das Sonnenobservatorium die ersten Signale zur Erde. Die Daten deuten darauf hin, dass bisher alle Systeme an Bord zuverlässig funktionieren.
Das SUNRISE-Team hatte am Abend zuvor gegen 20.30 Uhr mit den Vorbereitungen für den Start begonnen. Zuerst überprüften die Wissenschaftler und Ingenieure ein letztes Mal alle Systeme. Dann brachte ein Kranfahrzeug das Sonnenobservatorium aus der Halle, in der das Team in den vergangenen Monaten gearbeitet hatte, ins Freie. Erst dort erhielt SUNRISE seine endgültige Gestalt mit Solarzellen, Ballast und Dämpfungssystem für die Landung. Auf der Startbahn lag bereits der leere Ballonschlauch bereit, von dem nur der oberste Teil mit Helium gefüllt wurde. Während des Aufstiegs dehnt sich das Gas aus, so dass es auf der Reiseflughöhe von etwa 37 Kilometern den gesamten Ballon mit einem Durchmesser von etwa 130 Metern ausfüllt.
Magnetfeld der Sonne im Visier
Neben dem Teleskop trägt SUNRISE ausgeklügelte Systeme an Bord, die das optische Instrument in luftiger Höhe optimal justiert halten und das Bild stabilisieren, sowie weitere wissenschaftliche Instrumente, die die Magnetfelder der Sonne sichtbar machen. Die Wissenschaftler erhoffen sich, so besonders die feinen Strukturen des Magnetfeldes untersuchen zu können. Diese Strukturen sind für viele Phänomene auf der Sonne verantwortlich wie etwa Sonnenflecken und Sonnenwind, die bisher noch nicht vollständig verstanden sind.
Neben dem Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung sind an der Mission zahlreiche weitere Forschungseinrichtungen beteiligt: das Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik in Freiburg, das High Altitude Observatory in Boulder (Colorado), das Instituto de Astrofisica de Canarias auf Teneriffa, das Lockheed-Martin Solar and Astrophysics Laboratory in Palo Alto (Kalifornien), die Columbia Scientific Ballooning Facility der NASA und natürlich die Weltraumbasis ESRANGE. Das SUNRISE-Projekt wird gefördert vom Bun-desministerium für Wirtschaft und vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (Forschungskennzeichen 50 OU 0401).
(Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, 09.06.2009 – NPO)