Physikern ist auf dem Weg zu „künstlichen Nasen“ jetzt ein entscheidender Durchbruch gelungen: Sie konstruierten aus einem nichtleitenden Material Nanosaiten, die elektrisch einzeln angeregt und zu tausenden auf einem Chip gefertigt werden können. So ließe sich etwa eine hochempfindliche künstliche Nase realisieren, um unterschiedliche Moleküle – etwa Schadstoffe – einzeln nachzuweisen.
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Die neuartigen „Nano-Elektromechanischen Systeme“ oder NEMS könnten aber auch als winzige Taktgeber in Handy-Uhren und in einer Vielzahl von anderen Anwendungen zum Einsatz kommen, so die Wissenschaftler der Universität München (LMU) im Wissenschaftsmagazin „Nature“.
Chip mit tausenden von Nanosaiten
Der sichere, schnelle und kostengünstige Nachweis einzelner Moleküle ist für die chemische Analytik von großer Bedeutung. Ein mögliches Verfahren stammt aus der Nanotechnologie: Das sind so genannte „Nano-Elektromechanische Systeme“ oder NEMS. Hier kommen Saiten mit Durchmessern von 100 Nanometern – entsprechend einem zehntausendstel Millimeter – zum Einsatz, die zu charakteristischen Schwingungen angeregt werden können. Werden diese Saiten entsprechend chemisch beschichtet, docken Moleküle dort an – und zwar jeweils nur eine Art von Molekül je Saite.
Durch die Verbindung mit dem Molekül wird die Saite etwas schwerer, so dass sie etwas langsamer schwingt. „Eine Messung der Schwingungsperiode ermöglicht also, chemische Substanzen molekülgenau nachzuweisen“, erklärt Quirin Unterreithmeier, der Erstautor der Studie. „Im Idealfall sitzen auf einem Chip von der Größe eines Fingernagels dann mehrere Tausend Saiten, die jeweils hochspezifisch ein bestimmtes Molekül erkennen – damit ließe sich etwa eine äußerst empfindliche ‚künstliche Nase‘ bauen.“
Technische Probleme
Bislang aber scheiterte die Umsetzung solcher Systeme noch an technischen Schwierigkeiten, unter anderem an der Anregung und Messung der Schwingungen. Zwar können die Nanosaiten über eine magnetomechanische, piezoelektrische oder auch elektrothermische Anregung zum Schwingen gebracht werden. Dies setzt aber voraus, dass die Nanosaiten aus Metall bestehen oder zumindest metallisch beschichtet sind, was wiederum die Schwingungen stark dämpft und eine empfindliche Messung verhindert. Einzelne Moleküle können damit kaum detektiert werden. Darüber hinaus wird das Unterscheiden der Signale verschiedener schwingender Saiten erschwert.
Das neu entwickelte Verfahren umgeht nun diese Schwierigkeiten. Unterreithmeier, Eva Weig und Professor Jörg Kotthaus vom Center for NanoScience (CeNS) und der Fakultät für Physik der LMU und dem Exzellenzcluster „Nanosystems Initiative Munich (NIM)“ konstruierten ein NEMS, in dem Nanosaiten einzeln mittels dielektrischer Wechselwirkung angeregt werden – welche etwa auch für elektrisch aufgeladene Haare im Winter sorgt.
Entsprechend diesem physikalischen Prinzip werden die Nanosaiten aus dem elektrisch nicht leitenden Material Silizium-Nitrid in einem elektrischen Feld zur Schwingung angeregt, und diese Schwingung dann gemessen. Das zur Anregung erforderliche elektrische Wechselfeld wurde zwischen zwei Goldelektroden nahe der Saite erzeugt. Die Messung der Schwingung leisteten zwei weitere Elektroden.
Viele Einsatzmöglichkeiten
„Diesen Aufbau haben wir mittels Ätzverfahren hergestellt“, berichtet Weig. „Er ließe sich aber ohne großen Aufwand in zehntausendfacher Wiederholung auf einem Chip realisieren. Durch eine geeignete Verschaltung muss nur die Adressierbarkeit der einzelnen Saiten gewährleistet sein.“ Alles in allem sollte dies eine technisch leichte Übung sein – und einen Durchbruch in der chemischen Analytik erlauben.
Doch auch jenseits der künstlichen Nase sind Anwendungen denkbar. So könnten die Nanosaiten unter anderem in Handy-Uhren als Taktgeber zum Einsatz kommen. Auch als ultrascharfer Filter für elektrische Signale in der Messtechnik ließen sich die neuartigen Resonatoren verwenden.
(idw – Universität München, 24.04.2009 – DLO)