Die Oberflächen von Asteroiden altern und röten sich sehr viel schneller als bisher angenommen. Eine neue, jetzt in „Nature“ erschienene Studie zeigt, dass dies in gerade mal einer Million Jahre geschieht – für kosmische Verhältnis nur ein Augenblick. Ursache der lange umstrittenen Weltraumalterung ist höchstwahrscheinlich der energiereiche Sonnenwind. Diese grundlegende Erkenntnis wird in Zukunft helfen, das Alter von Asteroiden und den Zeitpunkt vergangener Kollisionen besser einzuschätzen.
Seit langem ist bekannt, dass sich die Oberflächen von Asteroiden in ihrem Aussehen im Laufe der Zeit ändern. Ihre Oberfläche ist meist rötlicher gefärbt als das Innere beispielsweise von auf der Erde gefundenen Meteoriten. Aber die Mechanismen dieser Weltraumalterung und die genauen zeitlichen Abläufe davon waren bisher strittig. Jetzt haben Astronomen mithilfe von mehreren Teleskopen weltweit, darunter dem Teleskop der Europäischen Südsternwarte in La Silla, dem Very Large Telescope (VLT) auf dem Paranal in Chile und weiteren Teleskopen in Spanien und auf Hawaii, neue Erkenntnisse gewonnen.
Asteroidenfamilien beobachtet und verglichen
Die Forscher beobachteten Asteroiden, die aus mehreren unterschiedlichen „Familien“ kommen. Als Familie bezeichnen die Astronomen eine Gruppe von Himmelskörpern, die die Sonne in sehr ähnlichen Umlaufbahnen umkreisen und die Bruchstücke eines gemeinsamen „Vorfahren“, eines größeren Asteroiden oder Kleinplaneten sind. Da die Objekte unterschiedlicher Familien sich meist in ihrer Zusammensetzung leicht unterschieden, konnten die Wissenschaftler auch feststellen, welche Rolle diese für die Alterung der Oberfläche spielt.
Größte Alterung innerhalb der ersten Million Jahre
Anhand der Oberflächen relativ frisch kollidierter und zerbrochener Fragmente konnten die Astronomen feststellen, dass diese sehr viel schneller die charakteristische rötliche, gealterte Oberfläche bekamen, als bisher angenommen. Im Schnitt war dies bereits nach nur einer Million Jahren der Fall – und damit verglichen mit dem Alter des Sonnensystems extrem schnell.
Sonnenwind löst Alterung aus
„Asteroiden scheinen sehr schnell eine ‘Sonnenbräunung’ zu erhalten”, erklärt Pierre Vernazza, Astronom der ESA und Hauptautor der Studie. „Aber nicht von einer Überdosis Strahlung wie beim Menschen, sondern von der Wirkung des starken Sonnenwinds. Die geladenen, schnell fliegenden Teilchen des Sonnenwinds beschädigen die Oberfläche des Asteroiden in erstaunlicher Rate.“ So zerstören die energiereichen Teilchen die Moleküle und Kristalle der Asteroidenoberfläche teilweise. Dadurch lösen sie eine Umbildung der Oberflächenchemie aus, erzeugen neue Molekülanordnungen.
Im Laufe der Zeit führt dies zur Bildung einer dünnen Kruste von bestrahltem Material mit der typischen rötlichen Farbe. Der Vergleich verschiedener Asteroidenfamilien zeigte zudem, dass die chemische Zusammensetzung eine entscheidende Rolle dafür spielt, wie rot die Oberfläche werden kann. Ist die erste Million Jahre vorbei, verläuft die Alterung sehr viel langsamer. In dieser Phase ist die Färbung stärker von der chemischen Zusammensetzung als vom Alter abhängig.
Planetenschwerkraft „frischt“ Oberflächen auf
Die Astronomen stellten zudem fest, dass eine Kollision nicht der einzige oder wichtigste Mechanismus sein kann, der die vielen frischen Bruchflächen bei erdnahen Asteroiden erklärt. Stattdessen könnten nach Ansicht der Forscher diese „jungfräulichen“ Oberflächen auch das Resultat von nahen Vorbeiflügen an Planeten des Sonnensystems sein. Die Schwerkraft des Planeten führt zu starken Erschütterungen, die ähnlich einem Erdrutsch, der durch ein Erdbeben ausgelöst wird, frisches Material an die Oberfläche bringt und gealtertes begräbt.
(European Space Agency/ESO, 23.04.2009 – NPO)