Schäden im Erbgut können offenbar ein genetisches Programm aktivieren, das bislang dafür bekannt war, lebensverlängernd zu wirken. Das berichtet ein deutsch-niederländisches Forscherteam in der aktuellen Online-Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Nature Cell Biology“. Die Ergebnisse zeigen, dass solche altersabhängigen Programme in der Lage sind, die Entstehung von Krebs zu verhindern und damit das Überleben zu sichern.
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Äußere Einflüsse, wie zum Beispiel die im Sonnenlicht enthaltene ultraviolette Strahlung oder bestimmte Substanzen in der Nahrung führen zu ständigen Beschädigungen des Erbguts (DNS) einer Zelle. Zellen verfügen deshalb über hochkomplexe Reparaturmechanismen, die die DNA vor einer dauerhaften Schädigung schützen. Sie funktionieren jedoch nicht immer einwandfrei. Treten Fehler bei der Reparatur von DNA auf, kann das zu krebsauslösenden Mutationen in der Zelle führen.
Zwei Jahrzehnte Alternsforschung
Bleiben Schäden an der DNA dagegen unrepariert, altert die Zelle. Dies ist bei Menschen der Fall, die an der seltenen Erbkrankheit Progerie leiden: Hier funktionieren die DNA-Reparatursysteme nicht und Schäden an der DNA häufen sich bereits sehr früh im Leben an. Schon im Kindesalter zeigen sich deshalb bei den Betroffenen Alterserscheinungen.
Das Forscherteam um den Alternsforscher Björn Schumacher von der Universität zu Köln versucht anhand solcher Patienten zu verstehen, warum bestimmte DNA-Reparaturdefekte zu einer vorzeitigen Alterung führen, während andere DNA-Reparaturdefekte das Krebsrisiko erhöhen.
Alterung ist nicht nur eine Folge zufälliger, über Jahre in den Körperzellen angesammelter Schäden. Der Alterungsprozess wird auch von genetischen Programmen, die die Lebensdauer regulieren, kontrolliert. Solche Programme steuern eigentlich das Körperwachstum, haben aber offenbar auch einen Einfluss auf die Lebensdauer. Das haben die Erkenntnisse aus zwei Jahrzehnten Alternsforschung gezeigt.
DNA-Schäden lösen lebensverlängerndes Programm aus
Wie Schumacher nun zeigen konnte, lösen DNA-Schäden, die sich in den aktiven Genen – das sind Gene, die zur Umsetzung der genetischen Information in Proteine „angeschaltet“ werden – ansammeln, das lebensverlängernde genetische Programm aus. Bei den frühzeitig alternden Patienten zeigte sich, dass bereits geringe Mengen von DNA-Schäden in den Zellen die Aktivierung lebensverlängernder Mechanismen zur Folge hatten. Treten die Schäden jedoch im Erbgut außerhalb der aktiven Gene auf, wird das Programm nicht aktiviert.
Die Beobachtungen spiegeln genau die Krankheitsbilder der verschiedenen Reparaturdefekte wider. Demzufolge altern Patienten, die DNA-Schäden in aktiven Genen nicht beheben können, frühzeitig. Menschen, die DNA-Schäden außerhalb der aktiven Gene nicht beheben können, zeigen dagegen keine frühzeitigen Alterssymptome, entwickeln aber sehr früh Krebs.
Wachstumshemmung verhindert Krebsentstehung
Die Wissenschaftler schließen daraus, dass eine alterungsbedingte Wachstumshemmung die Krebsentstehung verhindert und damit dem alternden Körper das Überleben trotz Erbgutschäden ermöglicht. Sie versuchen nun zu verstehen, wie dieses „Überlebensprogramm“ aktiviert wird, um daraus langfristig therapeutische Ansätze zur Bekämpfung altersbedingter Erkrankungen zu entwickeln.
(idw – Universität zu Köln, 14.04.2009 – DLO)