Umwelt

Nanoröhren sammeln Uran ein

Wie gefährlich sind Kohlenstoff-Nanoröhren?

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme von Kohlenstoff-Nanoröhrchen auf einem Kernspurfilter. Deutlich zu sehen sind außer den Röhrchen auch die 50 Nanometer großen Filterporen. © Forschungszentrum Dresden - Rossendorf

Kohlenstoff-Nanoröhren haben in den vergangenen 15 Jahren eine steile Karriere gemacht. Andererseits muss noch viel genauer erforscht werden, inwiefern sie Umwelt und Gesundheit belasten könnten. Dafür plädieren jetzt Dresdner Forscher in der Fachzeitschrift „Environmental Pollution“. Denn sie haben nachgewiesen, dass Kohlenstoff-Nanoröhren so genannte Kolloide bilden, also quasi wasserlöslich sind. Dadurch können sie sich in der Umwelt verteilen und Schwermetalle wie Uran binden.

Kohlenstoff-Nanoröhren wecken einerseits Hoffnungen auf innovative Anwendungen von der Technik bis hin zur Medizin und versprechen damit auch ein erhebliches wirtschaftliches Potenzial. Neue Forschungsergebnisse zeigen aber, dass sie neben ihren günstigen mechanischen und elektrischen Eigenschaften auch abträgliche Merkmale haben. Auf einen Aspekt, der bisher noch wenig bedacht worden ist, weisen nun Chemiker des Forschungszentrums Dresden-Rossendorf (FZD) hin.

„Wenn sich Produkte, die Kohlenstoff-Nanoröhren enthalten, in Zukunft ausbreiten, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Röhren bei Herstellung, Gebrauch oder Entsorgung in die Umwelt gelangen, sich dort weiter verteilen und auf ihrem Weg Schadstoffe wie z.B. Schwermetalle binden“, sagt Harald Zänker, Wissenschaftler am FZD.

Hauchdünne Kohlenstoff-Fäden

Ein wichtiger Weg, auf dem Kohlenstoff-Nanoröhren in die Umwelt gelangen könnten, ist der über das Wasser. In ihrem Originalzustand sind die hauchdünnen Kohlenstoff-Fäden mit einem Durchmesser von weniger als 50 Nanometern – ein Nanometer entspricht einem Millionstel Millimeter – zunächst kaum wasserlöslich.

Auf den ersten Blick sollten sie also nicht im Grundwasser, Seen oder ähnlichem mobil sein, sondern sich schnell absetzen oder abscheiden. Wenn sich jedoch ihre Oberflächenstruktur verändert, können sie kolloidhaltige Lösungen bilden. Die Veränderung der Oberflächenstruktur kann während der Produktion der Röhren gezielt herbeigeführt oder, wenn sie einmal in die Umwelt freigesetzt worden sind, durch natürliche Prozesse ausgelöst werden.

Bewegliche Kolloide

In einer kolloidhaltigen Lösung ist – anders als bei echten wasserlöslichen Stoffen – der scheinbar gelöste Stoff in Form feiner Partikel im Lösungsmittel verteilt. Diese Partikel sind immer noch viel größer als die Moleküle eines gelösten Stoffes in einer echten Lösung. In Umweltgewässern könnten Kohlenstoff-Nanoröhren in Form von Kolloiden überall hin transportiert werden.

Seit kurzem weiß man auch, dass die Röhren sogar Zellwände durchdringen können. Sie könnten also theoretisch auch in tierische und menschliche Zellen vordringen. Die Oberflächenveränderung von Kohlenstoff-Nanoröhren bewirkt noch einen weiteren Aspekt: Sie erhöht ihre Neigung, Schwermetalle anzulagern.

Nanoröhren beeinflussen Urantransport

Die Rossendorfer Wissenschaftler haben sowohl Kohlenstoff-Nanoröhren im Originalzustand als auch mit oxidierenden Säuren veränderte Röhren untersucht. Dabei stellten sie fest, dass Lösungen mit behandelten Kohlenstoff-Nanoröhren Licht stärker streuen. „Das ist ein Indiz dafür, dass sie Kolloide gebildet haben, die sich nicht absetzen“, sagt Zänker.

Die FZD-Wissenschaftler wiesen erstmals nach, dass sich das Schwermetall Uran, das in geringsten Mengen überall in der Umwelt und damit auch im Wasser vorkommt, besonders an die Oberfläche behandelter Kohlenstoff-Nanoröhren anlagert. Sie stellten eine um eine Zehnerpotenz höhere Aufnahmekapazität für Uran als bei unbehandelten Kohlenstoff-Nanoröhren fest.

„Es ist deshalb plausibel anzunehmen, dass Kohlenstoff-Nanoröhren, wenn sie in die Umwelt gelangen, den Transport von Uran in Umweltwässern und sogar in biologischen Systemen beeinflussen können. Die möglichen Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit hat man bisher generell zu wenig bedacht“, so Zänker weiter.

Neue Studien sollen Pro und Contra ermitteln

Andererseits legt die Bindungsfähigkeit von Uran und anderen Schwermetallen aber auch nahe, Kohlenstoff-Nanoröhren zur Entfernung von Schwermetallen aus Wässern einzusetzen. Eine wirtschaftliche Alternative zu klassischen Reinigungsmitteln stellen sie bisher aber noch nicht dar, sagt Zänker.

„Letztendlich ist es wichtig, das Verhalten von Kohlenstoff-Nanoröhren in Wässern in Zukunft weiter zu untersuchen“, so der Wissenschaftler. „Erst dann kann man die positiven und negativen Effekte der Kohlenstoff-Nanoröhren besser abwägen.“

(idw – Forschungszentrum Dresden – Rossendorf, 09.04.2009 – DLO)

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