Die antarktische Halbinsel gehört zu den am stärksten vom Klimawandel betroffenen Orten der Erde. Kaum irgendwo steigen die Temperaturen so rasant wie hier. Jetzt haben neue, in „Science“ veröffentlichte Messungen enthüllt, dass dies nicht nur die Pinguine und andere Tiere an der Spitze der Nahrungskette beeinflusst, sondern auch die Mikroorganismen, die die Basis allen Lebens in der Region bilden.
In den letzten 50 Jahren sind die Temperaturen der antarktischen Halbinsel fünf Mal so schnell gestiegen wie im globalen Durchschnitt. Gleichzeitig hat die Zeit, in der die Küsten von Meereis bedeckt sind, deutlich abgenommen. Als Folge hat sich auch die Artenzusammensetzung in dieser Region verändert. Bisher durch Beobachtungen belegt ist die Verdrängung von Tieren, die auf Meereis angewiesen sind wie Adeliepinguine oder Krill, durch Arten die eisfreie Regionen bevorzugen wie Kehlstreifpinguine oder Laternenfische.
Veränderungen auch an der Basis der Nahrungskette
Im Rahmen des Programms LTER (“Long Term Ecological Research”) der National Science Foundation (NSG) der USA haben Wissenschaftler nun Satellitendaten sowie Daten der Forschungsstation Palmer und des Forschungsschiffs „Laurence M. Gould“ neu ausgewertet. Sie durchforsteten diese mithilfe neuer Methoden gezielt nach Veränderungen auch bei weniger auffälligen Tier- und Pflanzenarten.
Die Daten enthüllen, dass der Klimawandel nicht nur die Pinguine und andere Tiere an der Spitze der Nahrungskette bereits beeinflusst, sondern auch erste Auswirkungen auf das Phytoplankton der Region hat. Die winzigen Meeresalgen reagieren auf Veränderungen in der Meereisbedeckung und den Windverhältnissen. In den letzen 20 Jahren, so die Ergebnisse, hat sich die Primärproduktion in den Gewässern um die antarktische Halbinsel deutlich verändert.
„Ich muss zugeben, dass dieses Ergebnis keine Überraschung war“, erklärt Hugh Ducklow vom Labor für Meeresbiologie des Woods Hole-Forschungszentrums. „Angesichts der ganzen anderen Beobachtungen über Veränderungen bei Organismen weiter oben in der Nahrungskette glaubten wir nicht wirklich, dass das Phytoplankton diesem Ausmaß des Klimawandels entgehen könnte.“
Überraschende Unterschiede zwischen Norden und Süden
Überraschend waren allerdings die starken Unterschiede zwischen dem Norden und Süden der antarktischen Halbinsel. Im Norden, wo bisher die stärksten Eisverluste aufgetreten sind und daher ohnehin schon viele eisabhängie Arten abgewandert sind, wird das Meerwasser durch stärkere Winde und offene See stärker durchmischt. Das Wachstum der Algen in dieser Schicht wird gebremst, weil diese im turbulenten Wasser weniger Licht erhalten. Als Folge sinkt die Primärproduktion hier.
Im Süden dagegen, bisher ein Refugium für eisliebende Arten, ist die Situation genau umgekehrt: Der beschleunigte Eisverlust, kombiniert mit nur geringen Winden, setzt einen größeren Teil der Wasseroberfläche dem Sonnenlicht aus und stimuliert dadurch das Algenwachstum. Vor allem die großen Kieselalgen, die unter anderem dem Krill als Nahrung dienen, gedeihen hier besonders gut.
(National Science Foundation, 18.03.2009 – NPO)