Eindrucksvolle Verwandtschaftsbelege zwischen Moosen und anderen Organismen hat jetzt ein internationales Wissenschaftlerteam entdeckt. Die Forscher konnten nachweisen, dass Schlüsselelemente des Erbgutes wie Transkriptions-, Translations-, und Sekretionsmaschinerien, die zur Synthese von Proteinen in Säugetieren verwendet werden, auch im „alten“ Blasenmützenmoos ohne jegliche Anpassung funktionell sind.
Den Biologen ist damit ein entscheidender Schritt bei der Übertragung von biologischen Abläufen aus komplexeren Lebewesen, zum Beispiel Tieren, auf die Funktionsweise der Moosart „Physcomitrella patens“ gelungen. Sie berichten über ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Plant Biotechnology Journal“.
Als sich das Leben vom Wasser aufs Land verlagerte, gehörten die Moose vor über 400 Millionen Jahren zu den ersten Besiedlern der bis dahin „unbewohnten“ Landschaften – zu einer Zeit, als noch der letzte gemeinsame Vorfahre von Fischen und Menschen existierte. Bis heute haben die Moose weitgehend unverändert überlebt und sind den meisten Menschen aus Wäldern und Garten bekannt. Dass Moose mit uns verwandt sein könnten, war im Sinne der Darwin’schen Evolutionstheorie durchaus denkbar – dass aber beide einfach dieselben genetischen Kontrollelemente benutzen können, ist eine kleine Sensation.
Moos als „lebendes Labor“
„Damit sind Mensch und Moos zwar sehr verschieden, aber in ihrem genetischen Gehalt doch wieder verblüffend ähnlich, da sie völlig unkompliziert dieselben molekularen Bausteine nutzen können“, erläutert Professor Ralf Reski von der Universität Freiburg der zusammen mit seinem Team und Kollegen um Professor Martin Fussenegger von der ETH Zürich die neue Studie durchführte. Dies sei ein weiterer Hinweis auf die Evolutionstheorie, die besagt, dass sich alles Leben aus einem gemeinsamen Vorfahren entwickelt hat.
Ziel der Arbeiten in Reskis Gruppe ist es, das Moos quasi als „lebendes Labor“ zu nutzen. „Unsere Erkenntnisse bringen uns entscheidend weiter auf dem Weg hin zur synthetischen Biologie, die uns in die Lage versetzt, natürliche Prozesse so zu gestalten, dass wir sie optimal kontrollieren und nutzen können“, erklärt Reski.
Moose gehören nicht zum „alten Eisen“
In enger Zusammenarbeit mit Biologen, Chemikern und Ingenieuren bilden die Erkenntnisse aus der Moos-Forschung eine wichtige Basis für komplexe biologische Systeme. „Unsere genaue Kenntnis der Moospflanze Physcomitrella patens nutzen wir ganz konkret beispielsweise im Rahmen eines Forschungsprojekts, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird, zur Entwicklung von neuen Produktionsverfahren für Medikamente“, sagt Reski.
Moose gehören also trotz ihres großen Alters noch lange nicht zum „alten Eisen“ und werden wohl schon bald eine ganz andere Rolle im Leben der Menschen spielen – auch außerhalb von Wald und Garten.
(idw – Universität Freiburg im Breisgau, 06.03.2009 – DLO)