Biologie

Bärtierchen trotzen Gefrierschrank- Temperaturen

Forscher testen Winzlinge auf Kältetoleranz

Vital auch bei extremer Kälte: Bärtierchen. © Universität Stuttgart

Bärtierchen können in ausgetrocknetem Zustand die widrigsten Umweltbedingungen überstehen und haben auch schon die extremen Verhältnisse im Weltraum relativ unbeschadet überlebt. Jetzt hat ein internationales Wissenschaftlerteam die hartgesottenen Winzlinge auf eisige Temperaturen gekühlt. Ergebnis: Bärtierchen gefrieren erst bei minus 20 Grad – und auch dann schaden die Eiskristalle ihren Körperzellen nicht.

Für spätere Anwendungen beispielsweise in Biobanken sind die Erkenntnisse ein großer Schritt nach vorne, so die Forscher um Ralph Schill vom Biologischen Institut der Universität Stuttgart und vom British Antarctic Survey (BAS) in Cambridge in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Journal of Experimental Biology“.

Die ersten warmen Sonnenstrahlen des Frühlings lassen die Natur wieder erwachen. Doch nicht alle Tiere haben die Eiseskälte der letzen Monate überlebt. Denn das Gefrieren von Zellen führt meist zu einer massiven Schädigung der Zellmembrane und Proteine. Viele Tiere können den Gefrierpunkt durch eine Einlagerung von Gefrierschutzsubstanzen hinauszögern, sterben aber dann, wenn die Temperaturen weiter fallen und gebildete Eiskristalle die Körperzellen zerstören.

Bärtierchen auf Kältetoleranz untersucht

Nicht so die kleinen Bärtierchen: Sie besitzen die bemerkenswerte Fähigkeit, eisige Temperaturen und damit vollständiges Gefrieren zu überleben. Um dem dahinter stehenden Trick auf die Spur zu kommen, testeten die Wissenschaftler erstmals neun Bärtierchenarten aus verschiedenen Klimaregionen auf ihre Kältetoleranz. Dazu wurden sie unter kontrollierten Bedingungen schrittweise auf -30 Grad Celsius abgekühlt und nach einer Weile wieder langsam auf Raumtemperatur gebracht.

Es zeigte sich nach Angaben der Forscher, dass bei sehr langsamen und sehr schnellen Abkühlungsraten die meisten Tiere überleben. Dies scheint daran zu liegen, dass sich die Tiere bei sehr langsamen Abkühlungsraten auf die heran nahenden Minustemperaturen und eine mögliche Eisbildung einstellen können. Bei schnellen Abkühlungsraten dagegen entstehen meist nur kleine Eiskristalle, so dass die hohe Überlebenschance hauptsächlich auf einem physikalischen Effekt beruht.

Fast alle untersuchten Bärtierchenarten gefrieren erst bei Temperaturen um -20 Grad und tolerieren die Eiskristallbildung im Körper. Dabei spielte es keine Rolle, ob die Bärtierchen aus den tropischen Regionen Afrikas, den gemäßigten Zonen Europas oder aus Alaska stammen.

Überlebensmechanismen der Bärtierchen auf der Spur

Wie Bärtierchen in der Lage sind, die kleine Eiszeit unbeschadet zu überstehen, ist bislang unklar und soll in weiteren Studien herausgefunden werden. Schill und seine Kollegen arbeiten im Rahmen des BMBF-Programms „Biotechnologie – Chancen nutzen und gestalten“ seit über zwei Jahren daran, die Überlebensmechanismen der Bärtierchen besser zu verstehen.

Ihr Ziel ist es, neue Methoden zu entwickeln, mit denen dann später einmal Zellen im biomedizinischen und Lebensmittelbereich, aber auch ganze Organismen zur Erhaltung der Biodiversität besser eingefroren und konserviert werden können.

(idw – Universität Stuttgart, 05.03.2009 – DLO)

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