Normalerweise hat unser Körper genug Sauerstoff für seine Funktionen zur Verfügung. Unter bestimmten Umständen kann es aber dazu kommen, dass nicht mehr genug davon vorhanden ist. Wie unser Körper darauf reagiert und welche Regulationsmechanismen bei Sauerstoffmangel in Aktion treten, war bisher noch nicht endgültig geklärt. Doch jetzt sind Gießener Wissenschaftler bei der Lösung dieses Problems einen entscheidenden Schritt weiter gekommen. Sie berichten über ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Nature Cell Biology“.
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Ein Sauerstoffmangel – wissenschaftlich Hypoxie genannt – ist nicht nur für Bergsteiger in großen Höhen ein Problem, sondern kann auch bei einigen Krankheiten eine wichtige Rolle spielen. Hypoxische Bedingungen herrschen beispielsweise im Inneren von Tumoren, die nicht ausreichend mit Blutgefäßen versorgt sind.
Sie kommen aber auch bei anderen Krankheiten vor, beispielsweise bei Unterversorgung mit Sauerstoff nach einem Schlaganfall oder Herzinfarkt oder bei obstruktiven Erkrankungen der Lunge. Um mit diesen extremen Bedingungen klar zu kommen hat der Körper ein spezielles biochemisches Programm entwickelt.
Siah-Protein mit besonderer Bedeutung
Bei Hypoxie werden bestimmte Gene abgelesen, die unter Bedingungen der guten Sauerstoffversorgung nicht benötigt werden. Diese unter hypoxischen Verhältnissen neu gebildeten Genprodukte sorgen beispielsweise dafür, dass neue Blutgefäße gebildet werden oder dass der zelluläre Stoffwechsel so umgeschaltet wird, dass er auch ohne ausreichende Sauerstoffversorgung funktioniert.
Dieser Umschaltungsprozess wird durch ein ausgeklügeltes biochemisches Programm reguliert. Dabei spielen eine Reihe von Proteinen eine Rolle, die sich gegenseitig regulieren.
Ein wichtiges Regulationsprotein in der Antwort des Körpers auf niedrige Sauerstoffkonzentrationen ist das so genannte Siah-Protein: Siah kann andere Proteine binden und so modifizieren, dass der Abbau des Bindungspartners veranlasst wird. Daher ist es wichtig, dass dieses Siah-Protein nicht unkontrolliert arbeitet, denn das würde durch die ständige Zerstörung der Partnerproteine zu einer bedrohlichen Situation führen.
Protein als Wächter
Das Team von Professor Lienhard Schmitz vom Biochemischen Institut der Universität Gießen fand in seiner neuen Studie einen neuen molekularen Mechanismus, der die Aktivität von Siah überwacht. Danach wird das Siah-Protein bei ausreichenden Sauerstoffkonzentrationen ständig kontrolliert.
Dies geschieht durch ein zweites Protein, das als Wächter funktioniert und permanent chemische Gruppen an Siah anheftet, um es in seiner zerstörerischen Aktivität zu behindern und zu destabilisieren. Unter Bedingungen des Sauerstoffmangels bindet das Siah-Protein besser an seinen Wächter und veranlasst somit seinen Abbau.
In Abwesenheit des Wächters kann nun das Siah-Protein ungehindert die hypoxische Antwort auslösen. Wie die Forscher um Schmitz zeigen konnten, ist dieser Regulationsmechanismus von zentraler Bedeutung für das Anschalten der Hypoxie-Antwort des Körpers.
(idw – Universität Gießen, 09.01.2009 – DLO)