Astronomie

Wasser im frühen Universum entdeckt

Radioteleskop weist Wasser in Rekordentfernung nach

Das Bild der nahen Galaxie M87 zeigt, wie man sich den Quasar aus der Nähe betrachtet vorstellen könnte. © NASA/CXC

Wissenschaftler haben mit dem Radioteleskop Effelsberg Wasser in der bisher größten bekannten Entfernung im Universum nachgewiesen. Das Wassermolekül wurde im Quasar MG J0414+0534 bei einer Rotverschiebung von 2,64 gefunden. Das entspricht einer Lichtlaufzeit von 11,1 Milliarden Jahren, berichten die Forscher im Wissenschaftsmagazin „Nature“. Sie schauen bei diesem Quasar demnach zurück in eine Zeit, in der das Universum nur ein Fünftel seines heutigen Alters hatte.

Das Wasser in MG J0414+0534 ist vermutlich Bestandteil von Gas- und Staubwolken, die auf ein extrem massereiches Schwarzes Loch im Zentrum dieses weit entfernten Galaxienkerns einströmen. Nachfolgende Messungen bei sehr hoher Auflösung mit dem amerikanischen EVLA-(Expanded Very Large Array) Interferometer bei Socorro/New Mexico bestätigten den Fund der Wissenschaftler um Violette Impellizzeri vom Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie.

Zufall als Pate

Bei der Entdeckung von Wasser im frühen Universum half nach Angaben der Forscher der Zufall kräftig mit: Der Quasar steht am Himmel in derselben Richtung wie eine Vordergrundgalaxie. Diese liegt näher am Betrachter und wirkt wie ein gewaltiges kosmisches Teleskop. Durch den Einfluss ihrer Schwerkraft wird das Licht des Quasars verstärkt und gleichzeitig in vier separate Bilder aufgespalten. Ohne diesen Gravitationslinseneffekt hätte es 580 Tage Messzeit mit einem 100-Meter-Teleskop gebraucht, um die Strahlung des Wassermoleküls sichtbar zu machen. So genügten 14 Stunden.

„Es haben schon andere Gruppen versucht, Wasser in solch großer Distanz aufzufinden und sind daran gescheitert. Wir wussten, dass wir hinter einem sehr schwachen Signal her waren“, sagt Impellizzeri. „Deswegen suchten wir mit Absicht ein System mit einer Vordergrundgalaxie als Vergrößerungsglas. Auch wenn wir nicht gleich fündig wurden, sind wir drangeblieben und hatten schließlich die Linie im Kasten.“

Ein Versuch, ein Treffer

Für ihre Entdeckung nutzten die Forscher einen weiteren glücklichen Umstand aus: Aufgrund der Expansion des gesamten Weltalls bewegt sich auch die Galaxie MG J0414+0534 vom Beobachter weg. Dabei wird ihr Licht in den roten Bereich des Spektrums verschoben. Und diese Rotverschiebung ist gerade so groß, dass sich Frequenz der Strahlung des Wassermoleküls von ursprünglich 22 auf sechs Gigahertz verringert – was genau dem Bereich des in Effelsberg eingesetzten Empfängers entspricht.

Bei einer Frequenz von 6,1 Gigahertz entdeckten die Forscher das Signal der Wasserlinie des Quasar MG J0414+0534. Das Hintergrundbild zeigt die vier Bilder des Quasars, aufgenommen mithilfe des Hubble-Teleskops. Die Vordergrundgalaxie wirkt als Gravitationslinse und verstärkt das Signal 35-fach. Rechts unten ein Bild der nahen Galaxie M87. © HST Archive data; Grafik: Milde Science Communication; Inset: CFHT & Coelum

„Interessant ist, dass wir Wasser bereits in der ersten unserer Kandidatengalaxien in großer Entfernung nachweisen konnten, bei denen die Strahlung durch eine Vordergrundgalaxie als Gravitationslinse verstärkt wird“, erläutert John McKean, Zweitautor der Studie. „Wir vermuten, dass das Wassermolekül in der Frühzeit des Universums wesentlich häufiger auftritt als zunächst angenommen. Somit können wir die massereichen Schwarzen Löcher in fernen Galaxien untersuchen und die Entwicklung von Galaxien bei sehr hoher Rotverschiebung.“

Ein Gegenstück zum optischen Laser

Die Signalaussendung des Wassermoleküls erfolgte nach Angaben der Astronomen in gebündelter Form, als so genannter Maser – im Mikrowellenbereich das Gegenstück zum optischen Laser. Das Signal entspricht einer Leuchtkraft vom 10.000-fachen der gesamten Sonnenleuchtkraft nur in einer einzigen Spektrallinie. Solche astrophysikalischen Maserquellen sind aus Gebieten mit heißem, dichtem Staub und Gas bekannt. Der Nachweis des Wassers in MG J0414+0534 zeigt erstmals eine derart dichte Gaskomponente in der Frühzeit des Kosmos. Die Bedingungen für Bildung und Fortbestehen des Wassermoleküls mussten also bereits zu einer Zeit vorgeherrscht haben, die nur 2,5 Milliarden Jahre nach dem Urknall lag.

Als Quelle für Wassermaser in Galaxien werden heißes Gas und Staub angenommen, die in der so genannten Akkretionsscheibe in geringem Abstand die sehr massereichen, zentralen Schwarzen Löcher umkreisen. Die durch den Masereffekt verstärkte Radiostrahlung lässt sich normalerweise nur dann beobachten, wenn man fast von der Kante aus auf die rotierende Scheibe blickt. Bei MG J0414+0534 ist die Scheibe jedoch so ausgerichtet, dass man sie nahezu senkrecht von oben sieht.

Wassermaser in superschnellen Materiestrahlen

„Das könnte bedeuten, dass die Wassermaser, die wir hier beobachten, nicht in der Akkretionsscheibe sitzen, sondern in den superschnellen Materiestrahlen oder Jets, die senkrecht zur Scheibe durch die Schwerkraft des Schwarzen Lochs herausgeschleudert werden“, sagt McKean.

Bisher haben die Astronomen in rund 100 Galaxien Wasser gefunden. MG J0414+0534 hält mit einer Distanz von 11,1 Milliarden Lichtjahren den Rekord. „Wir werden die Suche nach Wasser auch auf andere weit entfernte Galaxien ausdehnen, und zwar mit den Teleskopen, die wir jetzt schon zur Verfügung haben und ebenso mit der nächsten Generation von Radioteleskopen. Denn jetzt wissen wir, dass es da draußen Wasser gibt“, so Impellizzeri.

(idw – MPG, 19.12.2008 – DLO)

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