Eine Hand hat fünf Finger – normalerweise jedenfalls. Doch manchmal kommen auch sechs oder mehr Finger vor. Einzelne Finger können nach ihrer Entstehung wieder miteinander verwachsen, Mediziner sprechen in diesen Fällen von Synpolydaktylien. Forschern ist es jetzt gelungen, die molekularen Mechanismen bei der Entstehung dieses Phänomens aufzuklären.
In der Fachzeitschrift „Journal of Clinical Investigation“ beschreiben die Wissenschaftler um Stefan Mundlos vom Berliner Max-Planck-Institut für molekulare Genetik und der Charité – Universitätsmedizin Berlin, dass die zusätzlichen Finger durch unkontrollierte Knorpelbildung entstehen, die durch einen Mangel an Retinsäure in den betreffenden Regionen der Extremitätenknospe hervorgerufen wird.
Hox-Gene im Visier
Seit längerem ist bekannt, dass die Synpolydaktylie durch eine Mutation des so genannten Hoxd13-Gens ausgelöst wird. Hox-Gene sind eine hoch konservierte Gruppe von Genen, die für die Steuerung weiterer, nachgeschalteter Gene verantwortlich sind. Während der Embryonalentwicklung spielen sie eine wichtige Rolle bei der Anlage der verschiedenen Körperachsen und der Extremitäten. Das Hoxd13-Gen besitzt im Normalfall eine Region, in der 15 Mal hintereinander die Sequenz für die Aminosäure Alanin vorkommt. Bei Patienten mit Synpolydaktylie ist diese Reihe um mindestens sieben weitere Alanine verlängert.
Die Fehlbildung wird umso schwerwiegender, je höher der Anzahl an wiederholten Alaninen ist. Der Erbgang der Synpolydaktylie ist dominant, d.h., für die Entstehung genügt es, wenn nur eine Kopie des Gens – von Mutter oder Vater – verändert ist. Das Krankheitsbild wird allerdings noch schwerer, wenn beide Elternteile das mutierte Gen tragen.