Kann die elektromagnetische Strahlung des Mobilfunks das Gedächtnis beeinflussen oder gar schädigen? Eine neue Studie an Ratten scheint dies zu bejahen: Nach einem Jahr regelmäßiger Bestrahlung zeigten sich Nervenschäden in den für das Gedächtnis zuständigen Hirnbereichen und auch in Gedächtnistests schnitten bestrahlte Tiere schlechter ab.
{1l}
Schon seit langem ist die Wirkung der Mobilfunkstrahlung auf den Menschen strittig. Nahezu jede Woche erscheinen Studien, die wahlweise die Ungefährlichkeit oder aber eine Gesundheitsgefahr durch die elektromagnetischen Wellen belegen. Eine neue Variante haben nun Forscher der Universität Lund in Schweden um Henrietta Nittby untersucht. Sie testeten die Wirkung der Handystrahllung auf das Gedächtnis. Dafür setzten sie Ratten ein Jahr lang jede Woche zwei Stunden elektromagnetischer Strahlung in den vom Mobilfunk genutzten Frequenzen aus.
Objekte nicht erkannt
In einem Gedächtnistest platzierten die Forscher dann die Ratten in einer Box, in der vier Objekte verteilt waren. Die Objekte waren dabei in jedem Durchgang etwas anders platziert und beim zweiten Durchgang wurden zwei der Objekte gegen andere ausgetauscht. Der dritte Durchgang stellte den eigentlichen Test dar: Ratten beschäftigen sich normalerweise länger mit unbekannten oder weniger bekannten Objekten, die Wissenschaftler verglichen daher die Reaktionen der Ratten, die zuvor elektromagnetischer Strahlung ausgesetzt waren mit unbestrahlten Kontrollratten.
Das Ergebnis: Die Kontrollratten verbrachten mehr Zeit damit, die Objekte aus dem ersten Durchgang zu beschnuppern, denn der Kontakt mit diesen war länger her und das machte sie interessanter. Die bestrahlten Ratten jedoch behandelten beide Objektsorten als fremd und unterschieden nicht zwischen den im ersten und zweiten Durchgang gesehenen. Nach Ansicht der Forscher weist dies auf eine gestörte Merkfähigkeit bei den bestrahlten Ratten hin.
Blut-Hirn-Schranke durchlässiger
Während dies für sich genommen noch wenig Aussagekraft besitzt, gewinnt es an Bedeutung in Kombination mit früheren Ergebnissen des Wissenschaftlerteams: Die Forscher hatten festgestellt, dass die Strahlung die Blut-Hirn-Schranke durchlässiger macht. Normalerweise verhindert diese, dass Stoffe aus dem Blut in das Gehirn übertreten. Doch bei bestrahlten Ratten war Albumin, ein Protein, das als Transportmolekül im Blut fungiert, in das Gehirngewebe eingedrungen.
Schäden an Nervenzellen des Hippocampus
Gleichzeitig entdeckten die Wissenschaftler auch Nervenschäden in Form zerstörter Nervenzellen in der Hirnrinde und im Hippocampus, dem Gedächtniszentrum des Gehirns. Während das Albuminleck schon direkt nach der Bestrahlung nachgewiesen werden konnte, traten die Zellschäden erst nach vier bis acht Wochen auf. Doch dessen nicht genug registrierten die Forscher auch Veränderungen der Genaktivität nicht nur bei einzelnen Genen sondern auch bei ganzen Gruppen funktionell verbundener Genabschnitte.
„Wir sehen, dass im Gehirn von Labortieren nach der Bestrahlung mit Mobilfunkstrahlung etwas geschieht”, so Nittby. „Der nächste Schritt ist es nun, zu verstehen, warum dies passiert.“ Die Forscherin besitzt selbst ein Mobiltelefon, nutzt aber immer eine Freisprechanlage und hält es nicht ans Ohr.
(The Swedish Research Council, 08.12.2008 – NPO)