Züricher Forscher haben bei Singvögeln zwei Typen von Neuronen entdeckt, die für das Erlernen des Gesangs eine Schlüsselrolle spielen könnten. Wie die Wissenschaftler in „Nature“ berichten, konnten sie dabei erstmals die lange gesuchten Nervenzellen nachweisen, die auf das so genannte auditorische Feedback bei Singvögeln reagieren.
Singvögel besitzen – analog zum Spracherwerb beim Menschen – eine sensible Phase für das Erlernen ihres Gesangs. Junge Zebrafinken lernen ihren Gesang, indem sie die Gesangsvorlage ihres Tutors, meist ihres Vaters, imitieren. In dieser Lernphase ist es zwingend, dass der Jungvogel seinen eigenen Gesang hören, überwachen und laufend mit der Gesangsvorlage vergleichen kann.
Seinen Gesang passt er über das auditorische Feedback an die akustische Vorlage an. Gleichzeitig muss der Jungvogel während des Singens in der Lage sein, Hintergrundgeräusche zu erkennen.
Auch Nervenzellen können zuhören
Professor Richard Hahnloser und Georg Keller vom Institut für Neuroinformatik der Universität Zürich konnten jetzt zusammen mit Kollegen von der ETH Zürich als erste die lange gesuchten Nervenzellen für dieses auditorische Feedback bei Singvögeln nachweisen. Die Nervenzellen befinden sich im auditorischen Kortex, der Hörrinde, und nicht wie bisher angenommen in den gesangsspezifischen Hirnarealen, die den Gesang steuern.
Hahnloser und Keller machten während ihrer Forschungsarbeit noch eine zweite, bahnbrechende Entdeckung: Sie fanden im auditorischen Kortex eines Jungvogels, der dabei ist seinen Gesang zu lernen, Nervenzellen, die dem Gesang effektiv „zuhören“, das heißt den Gesang aktiv verfolgen.
Daneben entdeckten die Forscher zwei weitere Typen von Nervenzellen. „Der eine Typ Neuronen tut lediglich so, als ob er zuhören würde“, erklärt Hahnloser. „Der andere Typ dagegen scheint nur auf externe Störungen zu warten.“ Identifiziert haben dies die beiden Forscher, in dem sie dem Jungvogel ein spezifisches Störgeräusch vorspielten. „Das Störgeräusch führt dazu, dass das, was der Vogel tatsächlich hört, von dem abweicht, was er zu hören erwartet“, erläutert Hahnloser die Versuchsanordnung.
Erlernen der Vokalisierung
Die beiden Neuronentypen reagieren unterschiedlich auf das Störgeräusch: Die Nervenzellen, die nur „zuzuhören“ scheinen, zeigen während des Singens stereotype Aktivitätsmuster und lassen sich von Störgeräuschen nicht beeinflussen. Der zweite Neuronentyp dagegen zeigt wenig Aktivität und reagiert fast ausschließlich auf die vorgespielten Störgeräusche.
Die Signale dieser beiden Neuronentypen könnten zentral für das Erlernen der Vokalisierung sein. Dazu Hahnloser: „Den Unterschied zwischen erwartetem und tatsächlich Gehörtem zu erkennen, bildet die grundlegende Voraussetzung, um singen oder sprechen zu lernen.“
(idw – Universität Zürich, 13.11.2008 – DLO)