Klima

Klimawandel: Wasserknappheit in den Alpen?

Die ungleiche Verteilung der Wasserressourcen kann sich in Zukunft verschärfen

Alpensee im Quellgebiet des Rheins © gemeinfrei

Sind die Alpen in ihrer Rolle als „Wasserturm“ Europas gefährdet? Erste regionale und saisonale Engpässe gibt es schon heute, aber noch reicht die Wassermenge aus, wie eine europäische Studie jetzt zeigt. In Zukunft jedoch wird sich die Lage verschärfen, Anpassungen sind daher schon jetzt notwändig.

Verändern sich die Abflussregime der vier großen alpenbürtigen Flüsse Donau, Rhein, Rhone und Po, die ihr Wasser zu etwa 50 Prozent aus dem Alpenbogen beziehen? Mit dieser Frage hat sich eine 20-köpfige Expertengruppe im Auftrag der Europäischen Umweltagentur EEA in einer Studie zur Wassersituation in den Alpen und über erfolgreiche Anpassungsstrategien an die klimatischen Veränderungen beschäftigt. Die Forscher analysierten sechs Fallbeispiele aus dem gesamten Alpenbogen. Es ist das erste Mal, dass sich die Europäische Umweltagentur nicht nur mit dem gesamteuropäischen Umweltzustand befasst, sondern sich direkt mit den Problemen einzelner Alpenregionen auseinandersetzt.

Das Wasser reicht – noch

Das Ergebnis: Übers Jahr und für den gesamten Alpenraum gesehen, ist heute und vermutlich auch in der nahen Zukunft ausreichend Wasser vorhanden. Allerdings stellt sich in Zeiten des Klimawandels die Frage, wie schnell sich die Bedingungen des Wasserlieferanten Alpen verändern werden. Fakt ist: Es wird wärmer.

In den vergangenen 150 Jahren hat sich der Großraum Alpen um zwei Grad Celsius (°C) erwärmt – doppelt so stark wie die restliche nördliche Halbkugel. Die südlichen Alpenregionen verzeichnen zudem – gegenüber dem 19. Jahrhundert – Niederschlagsrückgänge zwischen 10 und 20 Prozent. Für die nächsten Jahrzehnte wird ein weiterer Rückgang der Niederschläge, vor allem im Sommer, erwartet.

„Die Alpenregionen sollten sich bereits jetzt an die bestehenden und künftigen Risiken veränderter Wasserbedingungen klug anpassen“, erklärt Benno Hain, Leiter des Fachgebiets „Klimaschutz“ des deutschen Umweltbundesamtes. „Schlüssel hierfür sind gute Managementstrukturen, eine wirkungsvolle Kommunikation zwischen den Betroffenen und ein klarer Blick auf die Risiken.“

Saisonale Engpässe schon heute

Bereits heute kommt es – vor allem aufgrund einer ungleichen räumlichen und zeitlichen Verteilung der Wasserressourcen – in manchen Regionen durchaus zu Engpässen. In Zukunft werden sich diese Probleme nach Anischt der Experten verschärfen, da, insbesondere im Sommer, nicht nur das Wasserangebot abnehmen sondern auch der Wasserbedarf zunehmen wird.

Die Problemstellungen sind in den untersuchten Gebieten in Österreich, Frankreich, Italien (Südtirol), Slowenien und im schweizerischen Wallis ähnlich: Wasser sei generell vorhanden, so die Analyse-Ergebnisse, jedoch nicht immer zu jeder Zeit und an jedem Ort. In Spitzenzeiten, wie beispielsweise in Südtirol zur Frostberegnung als Schutz der Obstblüte im späten Winter oder in französischen Winterskiorten in der touristischen Hauptsaison, übersteige der Bedarf das Wasserangebot. Probleme ergeben sich auch aus den Ansprüchen der unterschiedlichen Wassernutzer: So wollen Landwirte oder

Wasserkraftwerkbetreiber möglichst viel Wasser entnehmen, während Unternehmen im Fremdenverkehr und Ökologen die Erhaltung einer Niedrigwasserabflussmenge fordern.

Gezieltes Wassermanagement für bessere Aufteilung

In den analysierten Regionen gibt es bereits erfolgreiche Anpassungsmechanismen, wie wassersparende Bewässerungstechniken, Netzwerke der Wassernutzer oder Wassernutzungspläne. Momentan verhindere jedoch häufig die begrenzte Koordination zwischen den einzelnen, aber auch innerhalb der Sektoren eine effiziente Wassernutzung und -verteilung, so die Experten.

Als Lösung empfehlen die Wissenschaftler und Praktiker ein integriertes Wasserressourcenmanagement, an dem alle Wassernutzer, unter anderem Landwirtschaft, Tourismus, Energielieferanten, aber auch Nicht-Regierungsorganisationen, die Medien und nicht zuletzt die Bevölkerung selbst, beteiligt sind. Dieses soll Wasserverluste reduzieren, zum Wassersparen anhalten, die Wasserverteilung verbessern, Kommunikationsnetzwerke unterstützen, Entscheidungsprozesse regeln und vor allem mehr Wissen bei der Bevölkerung, den Entscheidungsträgern und auch auf der wissenschaftlichen Seite generieren.

Die Wasserproblematik im Alpenraum ist auch aktuelles Thema verschiedener Gremien der Alpenkonvention, die Anfang 2009 einen Alpenzustandsbericht mit dem Schwerpunkt „Wasser“ herausgeben und ein Aktionsprogramm zu Klimaschutz und Klimawandel im Alpenraum verabschieden wird.Die kompletten Empfehlungen der Expertengruppe veröffentlicht die Europäische Umweltagentur in einem ca. 80-seitigen Bericht Anfang 2009.

(Umweltbundesamt (UBA), 07.11.2008 – NPO)

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