Normalerweise sind Materialfehler alles andere als erwünscht. Doch bei Nanoröhren aus Kohlenstoff könnten sie sogar Vorteile bringen. Ein internationales Forscherteam berichtet jetzt in „Nature Materials“ , dass gezielt eingebrachte Fehler im Aufbau die elektrische Leitfähigkeit und andere Eigenschaften der Nanostrukturen je nach Bedarf verändern können.
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Sie sind leichter als Aluminium, stärker als Stahl und extrem leitfähig für Wärme und Strom, bis hin zur Supraleitfähigkeit. Noch widersetzen sich die Nanoröhren allerdings weitgehend dem Einsatz in einer serienmäßigen Produktion. Doch nach Überwindung der technischen Hürden sind viele Anwendungen denkbar, unter anderem in elektronischen Bauteilen, in Verbundmaterialien sowie in der Nanomedizin – etwa beim Transport von Wirkstoffen im Körper.
„Die Anordnung der Kohlenstoffatome ist der Schlüssel zu den Eigenschaften der Nanoröhren“, berichtet Professor Achim Hartschuh vom Center for NanoScience (CeNS) der Ludwig-Maximilians-Universiät (LMU) München. Der Physiker und sein Team untersuchten die Nanostrukturen mit Hilfe der „Tip-enhanced near-field optical microscopy“, kurz TENOM. Bei dieser spitzenverstärkten Nahfeldmikroskopie kommt eine mikroskopisch kleine, außerordentlich scharfe Spitze aus Gold zum Einsatz, die im Fokus eines Laserstrahls steht, und ein Objekt im Abstand von wenigen Nanometern abtastet. „Wir erreichen damit eine Auflösung von etwa zehn Nanometern, was die der herkömmlichen Mikroskopie um den Faktor 30 übertrifft“, berichtet Hartschuh.
Defekte beeinflussen Leitfähigkeit
So gelang ihm und seinen Forscherkollegen die Beschreibung von Nanoröhren mit einzelnen Defekten im Aufbau. „Wir konnten zeigen, dass sich die Geschwindigkeit der Elektronen dadurch ändert“, so Hartschuh. „In der Nähe negativ geladener Defekte werden diese subatomaren und ebenfalls negativ geladenen Teilchen schneller, was die Leitfähigkeit des Materals beeinflusst. Den Effekt könnte man jetzt nutzen, indem man gezielt fremde Bausteine in die Nanoröhren einbringt. Diese sogenannte Dotierung wird in der Halbleiterindustrie ja bereits erfolgreich eingesetzt.“
Kombination aus Nanoröhren und DNA als Sensor?
In einer vorangegangenen Studie unter Hartschuhs Leitung spürte das Forscherteam den Eigenschaften eines Komplexes aus Nanoröhren und DNA nach. Die Größenverhältnisse passen, denn auch unser Erbmolekül kann lange Fäden bilden bei einem Durchmesser von wenigen Nanometern. Werden Nanoröhren in wäßrige Lösungen gegeben, bilden sie oft Bündel – die von DNA-Molekülen wieder aufgelöst werden. Neben dieser rein technischen Funktion wird ein Komplex aus diesen beiden Strukturen aber auch als möglicher molekularer Sensor diskutiert.
„Wir haben uns die optische Antwort von Nanoröhren auf die Ummantelung durch einzelne DNA-Stränge angesehen“, sagt Hartschuh. „Dabei haben wir auch den Energietransfer zwischen einzelnen Nanoröhren beobachtet. Es hat sich gezeigt, dass ein Komplex aus Nanoröhren und DNA ideal als Sensor geeignet sein könnte, möglicherweise sogar für den Nachweis einzelner Moleküle im Nanobereich. Dieses und alle anderen Ergebnisse sind wesentlich für Anwendungen der Nanoröhren in der Nanoelektronik, Nanophotonik, Nanosensorik – und für unser Verständnis physikalischer Prozesse auf der Nanometerskala.“
(Universität München, 29.10.2008 – NPO)