Rund 120.000 Jahre haben deutsche Wissenschaftler in der Klimageschichte der Sahara zurückgeschaut – weiter als alle anderen Forscher vor ihnen. Herausgefunden haben sie dabei Erstaunliches: In der Vergangenheit hat sich die größte Sandwüste der Welt mehr als einmal in ein ausgedehntes Grasland verwandelt. Die Wissenschaftler berichten über ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe von „Nature Geoscience“.
„Andere Forschergruppen haben bisher nur die Zeit vor gut 10.000 bis 5.500 Jahren untersucht, in der die Sahara deutlich grüner war als heute. Wir haben weiter in die Vergangenheit zurückgeschaut und auch die Periode von vor 85.000 bis 120.000 Jahren betrachtet. Dabei konnten wir feststellen, dass es in dieser Zeit mehrmals Feuchtperioden gab, in denen sich die Wüste zurückzog“, erklärt Rik Tjallingii, der am MARUM seine Doktorarbeit zu diesem Thema abgeschlossen hat und nun im Rahmen des Exzellenzclusters „Ozean der Zukunft“ am Institut für Geowissenschaften der Universität Kiel forscht.
Die Feuchtperioden fallen nach Angaben der Forscher mit Zeiten zusammen, in denen aufgrund der Kreiselbewegung der Erdachse die Sonneneinstrahlung in der Nähe des Äquators besonders stark war. Es verdampfte mehr Wasser aus den Meeren, wodurch wiederum der afrikanische Monsunregen stärker wurde. „In der Sahara reicht schon eine geringe Zunahme der Niederschlagsmenge, um das Pflanzenwachstum drastisch zu steigern“, so Tjallingii, der zusammen mit Professor Martin Claussen vom Max-Planck-Institut für Meteorologie und Kollegen für die neue Untersuchung verantwortlich war.
Kreiselbewegung der Erdachse
Die Kreiselbewegung der Erdachse vollzieht sich in regelmäßigen Intervallen von etwa 23.000 Jahren. Die Feuchtperioden traten allerdings seltener auf: Innerhalb der letzten etwa 120.000 Jahre begannen sie etwa vor 110.000 Jahren, 85.000 Jahren und 10.000 Jahren und dauerten jeweils rund 5.000 Jahre. Während der letzten Eiszeit, die vor 75.000 Jahren einsetzte und rund 60.000 Jahre andauerte, fielen die Feuchtperioden aus, weil das Klima weltweit deutlich kälter und trockener war.
Der westafrikanische Monsun zog damals nach den Ergebnissen der Wissenschaftler nicht weit genug nach Norden, um die Sahara zu erreichen. Allerdings war das Klima der Eiszeit sehr abwechslungsreich. Es gab kräftige und abrupte Änderungen der großen Eisschilde, die auch im Wasserkreislauf der Sahelzone nachzuweisen sind.
Bohrkern vom Meeresboden untersucht
Um herauszufinden, wann während der vergangenen Jahrtausende in der Sahara Feucht- oder Trockenperioden herrschten, haben Forscher des Bremer MARUM und des Alfred-Wegener-Instituts in Bremerhaven Staubpartikel in einem Bohrkern vom Meeresboden vor Nordwest-Afrika untersucht. Aus dem Verhältnis der Anzahl der Partikel, die vom Wind transportiert wurden, und der Partikel, die Flüsse ins Meer schwemmten, konnten die Wissenschaftler Vegetationsdichte bzw. die Regenmengen abschätzen, die über Nordwest-Afrika zu einem bestimmten Zeitraum niederging.
Die Bohrkerndaten bestätigen Computersimulationen, die Forscher um Claussen erstellt haben: Sie hatten bereits vor gut zwei Jahren vorhergesagt, wie sich die Sahara im Laufe der letzten Jahrhunderttausende hätte verändern können. Nun jedoch liegen zum ersten Mal Daten vor, mit denen man die Modellrechnung vergleichen kann.
„Die gemessenen Daten stimmen sehr gut mit der Simulation überein“, so Tjallingii. „Das zeigt nicht nur, dass unsere Interpretation richtig ist, sondern bestätigt auch das Computermodell.“ Und Claussen sagt: „Eine schönes Beispiel für gute Zusammenarbeit zwischen den norddeutschen Ozean- und Klimaexzellenzclustern.“
Klimawandel lässt Sahara schrumpfen
Das mit den Daten der Vergangenheit überprüfte Modell erlaubt auch einen Blick in unsere Klimazukunft. Demnach sollte die Sahara schrumpfen, falls der von den Menschen angestoßene Klimawandel zu einer kräftigen Erwärmung der Erde führt.
„Ob die Sahara tatsächlich grüner wird als heute, können wir aber immer noch nicht mit Bestimmtheit sagen“, meint Claussen. „Noch haben wir nicht sämtliche Prozesse, die für die Dynamik des Sahels und der Sahara wichtig sind, im Klimamodell dargestellt. Und wie der Mensch auf eine sich langsam zurückziehende Sahara reagiert, das können wir nicht vorhersagen.“
(idw – MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen, 01.10.2008 – DLO)