Bei der Suche nach einem neuartigen Knochenersatz gehen Forscher neue Wege: Eine Komposition aus Polymeren und Kalziummineralen soll in Zukunft Metallimplantate überflüssig machen. Der Clou an der Sache: Der Kunststoff wird von Bakterien produziert.
„Unser neues Material erlaubt nicht nur den tragenden und passgenauen Ersatz für fehlende Knochen, sondern es ist gleichzeitig ein Klettergerüst für neue Zellen, die darin optimale Wachstumsbedingungen finden“, beschreibt Sven Henning, Materialwissenschaftler am Translationszentrum für Regenerative Medizin (TRM) Leipzig sein Forschungsvorhaben. Sein Ziel ist es, einen Ausgleich für Knochen zu schaffen, die aufgrund von Trauma, Tumor oder degenerativen Krankheiten fehlen.
In seinem neuartigen Werkstoff kombiniert Henning ein bioaktives Kalziummineral, das gut von Zellen besiedelt werden kann, aber nicht bruchfest ist, mit dem durch ein spezielles Verfahren modifizierten und dadurch sehr stabilen Bio-Kunststoff Polyhydroxybuttersäure. Dieses bakteriell produzierte und im Körper allmählich biologisch abbaubare Material kann von dem Forscher gut bearbeitet werden und so zur nötigen Elastizität und Oberflächengestaltung gebracht werden.
Perfekte Nachahmung
Das Ergebnis: Die neue Materialkombination ahmt den natürlichen Knochen in seiner Materialkomposition, Mikromechanik und Oberflächengestalt sehr genau nach. Damit kommt es dem natürlichen Knochen wesentlich näher als beispielsweise bisher übliche Metallimplantate. Das hohe Risiko von Abstoßungsreaktionen und Unverträglichkeiten sinkt erheblich. Außerdem sollen die spezifischen Eigenschaften des Materials das Nachwachsen der Knochen optimal stimulieren.
Bis ins Alter ist der Körper des Menschen zur Regeneration, zur Selbstheilung, von Knochen fähig. Sie gelingt aber nur, wenn die Knochenzellen aus ihrer Umgebung die passenden Signale empfangen. Wie erste erfolgreiche Versuche zeigten, sendet das Material von Henning genau die richtigen Signale aus.
Knochenzellen besiedeln Implantatproben
„Im Labor haben Knochenzellen kleine Implantatproben besiedelt und mit der Produktion von Kollagen, einem Grundbaustoff des natürlichen Knochens, begonnen“, freut sich der Forscher, der im nächsten Schritt erste vorklinische Tests durchführen wird. Sind diese Versuche erfolgreich, könnten in fünf bis acht Jahren die ersten Patienten an Oberschenkeln oder Unterarmen Bioimplantate eingesetzt bekommen.
(idw – Translational Centre for Regenerative Medicine (TRM) Leipzig, 24.09.2008 – DLO)