Winzige, Teddybär-ähnliche Wesen sind die ersten mehrzelligen Tiere, die ungeschützt das Vakuum und die Strahlung des Weltraums überlebt haben. Die Bärtierchen, wissenschaftlich Tardigraden genannt, überstanden die Extrembedingungen bei Versuchen in der Erdumlaufbahn schadlos. Das berichten schwedische Forscher in der Fachzeitschrift „Current Biology“.
Tardigraden, auch Bärtierchen genannt, sind nur einen Millimeter groß, haben es aber geschafft, nahezu alle Ökosysteme der Erde zu besiedeln. Ihr Trick dabei: Wenn es ihnen an Wasser fehlt, fallen sie in einen Ruhezustand, in dem ihr Stoffwechsel stillsteht und ihr Körper fast sein gesamtes Wasser verlieren kann, ohne dass es ihnen schadet. Werden die Bedingungen dann wieder feuchter, erwachen sie aus diesem „Tönnchen“-Status und sind aktiv als wenn nichts geschehen wäre.
3.000 „Mini-Bären“ im All
Wie weit diese Widerstandsfähigkeit gegenüber ungünstigen Bedingungen geht, haben jetzt Wissenschaftler der Kristianstad Universität in Schweden unter Leitung von Ingemar Jönsson auf die harte Tour getestet. Sie schickten kurzerhand 3.000 Bärtierchen auf einen zwölftägigen Weltraumausflug. Dort wurden sie ungeschützt dem Vakuum des Alls und auch der kosmischen Strahlung in der Umlaufbahn ausgesetzt.
Die Tardigraden jedoch überlebten diese Extrembedingungen in ihrer Tönnchenform ohne Probleme. Damit sind sie die ersten Tiere überhaupt, die das Vakuum und die Strahlung des Weltraums überleben. „Die Versuche zeigen, das Vakuum des Weltraums, das auch extreme Dehydrierung und starke kosmische Strahlung bedeutet, für die Bärtierchen kein Problem war”, erklärt Jönsson. „Andererseits schadet ihnen die UV-Strahlung im All, nur wenige Tardigraden überleben auch das.“
Einzigartiger DNA-Reparaturmechanismus?
Als nächste Herausforderung wollen die Forscher versuchen, den Mechanismus hinter dieser außergewöhnlichen Widerstandsfähigkeit der Tardigraden zu verstehen. Jönsson vermutet, dass die Bärtierchen zwar auch, wie andere Lebewesen, einige DNA-Schäden durch die Strahlung davon getragen haben, aber dass diese durch ihr körpereigenes Reparatursystem wieder behoben wurden.
Die daraus erwachsenden Erkenntnisse könnte auch für die Medizin von Bedeutung sein: “Das Wissen um die Reparatur von genetischen Schäden ist für die Medizin zentral“, erklärt Jönsson. „EI Problem bei der Strahlentherapie ist beispielsweise dass auch gesunde Zellen geschädigt werden. Wenn wir zeigen können, dass es spezielle Moleküle gibt, die bei mehrzelligen Tieren wie den Tardigraden DNA-Reparaturen durchführen, dann könnte dies zur Weiterentwicklung der Therapien beitragen.“
(Kristianstad Universität, 10.09.2008 – NPO)