Raumfahrt

Rosetta vor Rendezvous mit Asteroid Steins

Raumsonde untersucht ungewöhnlichen Himmelskörper

Kometensonde Rosetta © DLR

Die ESA-Raumsonde Rosetta fliegt morgen nach viereinhalb Jahren im All an einer besonderen „Sehenswürdigkeit“ vorbei: Nur etwa 800 Kilometer werden die Sonde um 20.58 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit (MESZ) vom Asteroiden Steins trennen. Die Begegnung bietet Forschern erstmals die Gelegenheit, einen Himmelskörper dieses Typs aus der Nähe zu untersuchen. Die Astronomen erwarten aber auch wichtige neue Erkenntnisse über die Kinderstube des Sonnensystems.

Vor, während und nach der größten Annäherung wird Rosetta zahlreiche wissenschaftliche Experimente durchführen. Die nötigen Bilder wird das Kamerasystem OSIRIS liefern, das unter Federführung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) von einem europäischen Konsortium entwickelt und gebaut wurde.

Seit dem 2. März 2004 ist Rosetta auf dem Weg zu ihrem eigentlichen Ziel, dem Kometen Churyumov-Gerasimenko. Zurzeit holt die Sonde durch mehrere Swing-By-Manöver Schwung für ihre weite Reise. Dabei kommt sie jetzt an dem noch unerforschten Asteroiden Steins vorbei, dem ersten wichtigen wissenschaftlichen Ziel der zehnjährigen Mission.

Ursprüngliche Bestandteile des Sonnensystems

Insbesondere die Zusammensetzung des Köpers und der Oberfläche, die Größe und Rotation, die magnetischen und elektrischen Eigenschaften sowie die Charakteristik der Umgebung wie Gas, Staub und Kleinkörper sind dabei von Interesse. Das seit Jahren minutiös vorbereitete Manöver wird vom Kontrollzentrum der Europäischen Weltraumorganisation ESA in Darmstadt durchgeführt, wo auch in der Nacht zum Samstag die ersten Bilder und Messdaten eintreffen werden.

Das DLR ist mit zahlreichen Wissenschaftlern an der Mission beteiligt. Insbesondere in Berlin und Köln werden sie während des Vorbeifluges aktiv sein, um die Daten aufzunehmen. „Kometen und Asteroiden gehören zu den ursprünglichsten Bestandteilen des etwa 4,6 Milliarden Jahre alten Sonnensystems“, erklärt Professor Tilman Spohn, der Direktor des DLR-Instituts für Planetenforschung in Berlin-Adlershof: „Von ihrer Untersuchung versprechen wir uns grundlegende Erkenntnisse über die Bildung der Planeten und Monde. Die zum Teil sehr komplexe Zusammensetzung der kleinen Körper könnte auch wichtige Hinweise liefern, wie das Leben auf der Erde entstanden ist“.

Kamera hilft bei der Navigation

Eine Zeichnung der Raumsonde Rosetta. Die beiden Teile des Kamerasystems OSIRIS sind rot markiert. © ESA / AOES Medialab

Bei dem Versuch Rosetta sicher zum Ziel zu bringen, leistet auch das Kamerasystem OSIRIS wichtige Dienste. Obwohl die meisten Messgeräte an Bord der Raumsonde erst kurz vor der Ankunft am Asteroiden in Betrieb gehen, ist OSIRIS bereits am 4. August 2008 aus seinem Schlaf erwacht. Seitdem spielt die Kamera eine entscheidende Rolle dabei, die Bahn des Asteroiden zu bestimmen und die eigene Flugroute anzupassen. Am 14. August etwa korrigierte die ESA den Kurs der Raumsonde allein an Hand von Kamerabildern. Weitere Manöver dieser Art sind geplant.

Für die ESA ist dies ein Novum. Denn bisher setzte die europäische Weltraumagentur Bordnavigation und Radiosignale ein, um im All zu navigieren. „Die außergewöhnliche Qualität der OSIRIS Kamera, speziell ihre räumliche Auflösung, hat unsere Berechnung in dieser Präzision ermöglicht“, sagt Andrea Accomazzo vom Kontrollzentrum der ESA in Darmstadt mit Hinblick auf die Kurskorrektur.

In sechs Stunden eine Umdrehung um die eigene Achse

Aus den etwa 50 Kamerabildern, die bisher vorliegen, haben die Wissenschaftler zudem bereits erste Eigenschaften von Steins ablesen können: „Der Asteroid braucht etwa sechs Stunden, um sich um die eigene Achse zu drehen, und hat eine unregelmäßige Form“, sagt OSIRIS-Projektleiter Horst Uwe Keller. Der Durchmesser von Steins wird auf etwa fünf Kilometer geschätzt.

Auf genauere Informationen müssen die Forscher noch aber noch bis zum 5. September 2008 warten. Dann wird OSIRIS auch Aufschluss über Helligkeit und Gestalt des Asteroiden geben. Mit einer Auflösung von 15 Metern pro Pixel erlaubt es die Kamera sogar, die Oberflächenbeschaffenheit von Steins im Vorbeiflug genau zu untersuchen.

Eine seltene Klasse von Asteroiden

Um ihren sehr unterschiedlichen Aufgaben gerecht zu werden, besteht OSIRIS aus zwei Instrumenten: einer Weitwinkel- und einer Tele-Kamera. Während die eine die Umgebung von Steins nach Monden absucht, kann die andere dank ihres großen Gesichtsfeldes den gesamten Asteroiden mit hoher Auflösung kontinuierlich beobachten.

Auf dem zehn Jahre dauernden Weg der Sonde zum Kometen Churyumov/Gerasimenko hat sich das Kamerasystem bereits bei Vorbeiflügen an Mars und Erde bewährt. Die anstehende Aufgabe bei der Begegnung mit Steins ist jedoch auch für OSIRIS Neuland. „Steins gehört zu einer seltenen Klasse von Asteroiden“, erklärt Holger Sierks, Leiter des OSIRIS-Teams am MPS.

Neue Erkenntnisse über das frühe Sonnensystem

Anders als bei den meisten Asteroiden gibt es bei Steins Hinweise darauf, dass seine Oberfläche Enstatit enthält. Dieses Mineral setzt sich aus Magnesium, Silizium und Sauerstoff zusammen. Da Asteroiden ebenso wie die Planeten vor etwa 4,6 Milliarden Jahren entstanden sind, erhoffen sich die Wissenschaftler von Steins neue Erkenntnisse über das frühe Sonnensystem.

Neben dem Kamerasystem OSIRIS ist das MPS an sechs weiteren Instrumenten an Bord von Rosetta beteiligt. Bei der anstehenden Begegnung mit Steins werden auch ein Massenspektrometer sowie ein Mikrowelleninstrument die Umgebung des Asteroiden untersuchen.

(Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung / DLR, 04.09.2008 – DLO)

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