Auf der indonesischen Insel Java ist ein Wasserkraftwerk der ungewöhnlichen Art entstanden: Es staut das unterirdische Wasser einer Karsthöhle und gewinnt dadurch nicht nur Trinkwasser sondern auch Energie für die Region, die zu den ärmsten Indonesiens zählt. Das deutsch-indonesische Projekt könnte Modell auch für andere Karstgebiete werden.
Das Karstgebiet Gunung Kidul an der Südküste Javas zählt zu den ärmsten Regionen Indonesiens. Für eine ertragreiche Ernte ist der Boden zu karg, in der Trockenzeit versiegen die Fließgewässer. Das Wasser der Regenzeit versickert rasch. „Es sammelt sich aber in einem unterirdischen Höhlensystem“,
erklärt Professor Franz Nestmann, Projektleiter vom Institut für Wasser und Gewässerentwicklung (IWG) der Universität Karlsruhe. „Diesen natürlichen Wasserspeicher haben wir mit dem Höhlenkraftwerk erschlossen.“
Nestmann und sein Team haben dazu Technologien entwickelt, die an die Natur und die Menschen vor Ort angepasst sind – ein Projekt mit Modellcharakter, so Nestmann: „Es lässt sich auf Karstgebiete in der ganzen Welt übertragen, beispielsweise in Laos, Thailand oder Sri Lanka“. Seit sieben Jahren fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das Vorhaben, in dem deutsche und indonesische Wissenschaftler mit Industriepartnern beider Länder zusammenarbeiten.
Wasser für 80.000 Menschen
„Über 1000 Liter Wasser pro Sekunde fließen selbst in der Trockenzeit durch die Höhle Bribin – hier haben wir einen idealen Ort gefunden, um das Stauwerk zu bauen“, erklärt Peter Oberle vom IWG. Der Wasserdruck treibt nun Turbinen an, die über ein Getriebe mit Förderpumpen gekoppelt sind. Sie
drücken einen Teil des Wassers 200 Meter hoch in einen Speicher. „Mit dem geglückten Probeeinstau haben wir den Knackpunkt unseres Projektes überwunden“, sagt Oberle. „Wir wissen jetzt, dass die Höhle das Wasser tatsächlich hält und wir die notwendige Stauhöhe von 15 Metern erreichen.“
In den kommenden Monaten installieren die Ingenieure weitere Fördermodule und bauen das Leitungssystem aus. Zur nächsten Trockenzeit ab Mai 2009 soll die Anlage vollständig in Betrieb sein. Dann kann sie 80.000 Menschen mit je 70 Litern Wasser am Tag versorgen. „Bisher stehen den Bewohnern in der Trockenzeit fünf bis zehn Liter am Tag für Körperpflege, Haushalt und Vieh zur Verfügung.Jeder Deutsche verbraucht dafür im Schnitt 120 Liter“, sagt Dr.Muhammad Ikhwan vom IWG. In der Region Gunung Kidul leben insgesamt 260.000 Menschen.
Fortsetzung folgt…
Und das Projekt geht weiter: Vor wenigen Tagen hat das BMBF das Folgeprojekt „Integriertes Wasserressourcen-Management (IWRM)“ bewilligt. Universität und Forschungszentrum Karlsruhe kümmern sich in dem mehrjährigen Verbundprojekt neben dem Erschließen der unterirdischen Wasservorräte auch um die Verteilung des Wassers, die Wasserqualität sowie die Abwasserentsorgung.
Außerdem wollen die Wasserbau-Experten ein zweites Konzept zur Wassergewinnung testen, das sich vor allem für Höhlen mit starkem Gefälle eignet. In der Höhle Seropan verlegen die Wasserbau-Experten eine Druckrohrleitung aus Holz, an die sie wiederum ein Fördermodul anschließen. Diese Anlage soll dann noch einmal 80.000 Menschen versorgen. Kooperationspartner ist hier unter anderem die Versuchsanstalt für Stahl, Holz und Steine der Universität Karlsruhe.
(Karlsruher Institut für Technologie, 14.08.2008 – NPO)