Ein Team britischer Forscher hat einen Roboter konstruiert, der durch lebende Nervenzellen gesteuert wird. Allein die Signale des „Biohirns“, aufgefangen und übertragen durch Elektroden, kontrollieren die Ausweichbewegungen des Roboterkörpers vor Hindernissen.
Ob Androiden, Cyborgs oder Roboter mit Menschengehirnen – bisher waren solche Verschmelzungen von Mensch und Maschine Utopien aus dem Reich der Science Fiction. Inzwischen allerdings rücken Neurobiologie und Technik immer näher zusammen. Längst schon arbeiten Wissenschaftler an der Verbindung von Nervenzellen mit digitaler Technik – und oft mit Erfolg.
Nervenzellen in Kulturschale als Gehirn
Einen neuen Vorstoß in dieser Richtung hat jetzt ein multidisziplinäres Forscherteam der Universität von Reading in Großbritannien unternommen. Sie entwickelten einen Roboter, dessen Bewegungen von einem biologischen Gehirn gesteuert werden. Das Gehirn des Roboters besteht dabei aus lebenden Nervenzellen, die in Kultur gezüchtet wurden und dann auf einem so genannten Multielektrodenarray (MEA) platziert wurden. Dieses besteht aus einer flachen Schale, in der 60 Elektroden die elektrischen Signale einfangen, die von den Neuronen erzeugt werden.
Neuronen steuern Ausweichbewegung
Nähert sich der Roboter einem Hindernis, sendet der „technische Teil“ des Körpers ein Signal an das MEA und über die Elektroden an die lebenden Nervenzellen. Diese reagieren auf den Reiz und senden ihrerseits elektrische Signale aus, die von Elektroden aufgefangen und an den Roboterkörper weitergegeben werden. Je nach Signal des “Biohirns” bewegt sich dann der Roboter nach rechts oder links um dem wahrgenommenen Hindernis auszuweichen. Die Bewegung wird dabei ausschließlich von den Nervenzellen gesteuert, es gibt keine zusätzliche Kontrolle durch einen Menschen oder einen Computer.
Einblick in Arbeitsweise des Gehirns
„Diese neue Forschung ist unglaublich aufregend, weil das biologische Gehirn zum einen seinen eigenen, beweglichen Roboterkörper kontrolliert“, erklärt Kevin Warwick, Professor für Systemtechnik an der Universität von Reading. „Zum anderen erlaubt es uns, genauer zu untersuchen, wie das Gehirn lernt und seine Erfahrungen speichert. Das verbessert unser Verständnis der Funktionswiese des Gehirns und könnte tiefgreifende Auswirkungen auf viele Bereiche der Wissenschaft und Medizin haben.“
Zurzeit arbeiten die Forscher daran, das Biohirn des Roboters lernen zu lassen: Dafür wollen sie den Roboter dazu bringen, je nach Bewegung und Hindernis unterschiedliche Signale zu senden. Gleichzeitig wollen sie dabei anhand des Gehirns in der Schale erfahren, wie sich dieser Lernprozess in den Nervenzellen manifestiert und wie sie reagieren, wenn der Roboter aus der Erfahrung lernt und b3ekanntes Gelände aufsucht.
(University of Reading, 14.08.2008 – NPO)