Ein neuartiges Röntgenmikroskop mit Superauflösung kombiniert die hohe Durchdringungsleistung von Röntgenstrahlen mit einer hohen bildlichen Auflösung und ermöglicht es somit erstmals, Licht auf die detaillierten inneren Strukturen von Halbleiterbauelementen oder Zellen zu werfen.
Die ersten Bilder in Superauflösung aus dem Mikroskop, das von einem Forscherteam des Paul Scherrer Instituts (PSI) und der ETH Lausanne(EPFL) entwickelt wurde, stellt das Wissenschaftsmagazin „Science“ in seiner aktuellen Ausgabe vor.
„Seit vielen Jahren arbeiten Forscher an Konzepten für ein Mikroskop mit Superauflösung mittels Elektronen und Röntgenstrahlen. Nur der Bau eines speziellen Instruments im Wert von mehreren Millionen Schweizer Franken an der Synchrotron Lichtquelle Schweiz des PSI ermöglichte uns die Stabilität zu erreichen, die für die Implementierung unserer neuen Methode in der Praxis erforderlich ist“, erläutert Franz Pfeiffer, EPFL-Professor und Leiter des Forscherteams.
Das neue Instrument setzt zudem den Megapixel-Detektor PILATUS ein, dessen großer Bruder ebenfalls am PSI entwickelt wurde und in Kürze am Large Hadron Collider des CERN zum Einsatz kommen wird. PILATUS begeistert die Synchroton-Fachwelt durch seine Fähigkeit, Millionen einzelner Röntgenstrahlphotonen präzise zu zählen.
Bilder von höchster Genauigkeit
Diese spezielle Eigenschaft ermöglicht die Aufzeichnung von detaillierten Beugungsbildern der Probe, während sie im Fokus des Strahls mit dem Rasterscan-Verfahren untersucht wird. Herkömmliche Transmissions-Rasterelektronenmikroskope messen im Gegensatz dazu nur die gesamte, von der Probe absorbierte Intensität.
Die Beugungsdaten werden anschließend mit einem Algorithmus verarbeitet, der von dem Schweizer Team entwickelt wurde. PSI-Forscher Pierre Thibault, der Erstautor des Science-Artikels, erklärt: „Wir haben einen Bildrekonstruktionsalgorithmus entwickelt, der die zigtausend Beugungsbilder bearbeitet und sie zu einem superaufgelösten Röntgentransmissionsmikroskopiebild zusammenfügt. Damit die Bilder von höchster Genauigkeit sind, berücksichtigt der Algorithmus nicht nur die Daten der Probe, sondern auch die exakte Form des Lichtstrahls der auf die Probe trifft.“
Mikroskop spürt selbst kleinste Mängel auf
Herkömmliche Elektronenrastermikroskope liefern hochauflösende Bilder von der Oberflächenstruktur eines Untersuchungsgegenstands. Das neue Mikroskop mit Superauflösung des Schweizer Teams kann jedoch tief in Halbleiterstrukturen oder biologische Proben hineinsehen. Dadurch können bei Halbleitern winzige Mängel, die bereits im Nanobereich liegen, entdeckt werden, obwohl diese defekten Strukturen tief im Innern des Bauteils versteckt sind.
Die Analyse solcher Mängel, bei der der Untersuchungsgegenstand übrigens nicht zerstört wird sondern intakt bleibt, wird einen Beitrag zur Verbesserung der Qualität von Halbleitern leisten, wo Strukturgrößen unter hundert Nanometern zum Einsatz kommen. Ein weiteres, sehr vielversprechendes Anwendungsgebiet für die neue Technik sind die Lebenswissenschaften, wo die Durchdringungskraft der Röntgenstrahlen zur Abbildung von detailierten Strukturen im Inneren von Zellen bzw. Zellbestandteilen eingesetzt werden kann.
Schließlich lässt sich das neuartige Mikroskopieverfahren auch auf Elektronen- oder Lichtstrahlen übertragen und kann zur Konzeption neuer und besserer Licht- und Elektronenmikroskope herangezogen werden.
(idw – Paul Scherrer Institut (PSI), 18.07.2008 – DLO)