Neurobiologie

Schlaf ist gut für‘s Gedächtnis

Ruhephase regt Bildung neuer Verbindungen im Gehirn an

Wenn schwierige Entscheidungen anstehen, oder eine Idee durchdacht werden muss, ist es häufig am besten, man schläft darüber und geht am nächsten Tag wieder frisch ans Werk. Aber hilft der Schlaf wirklich, unsere Meinung zu ändern oder eine klare Sicht der Dinge zu bekommen? Offenbar ja, denn Schweizer Wissenschaftler haben nachgewiesen, dass sich der Schlaf lang anhaltend auf die Hirnfunktion auswirken kann, weil er die Bildung neuer Verbindungen im Gehirn anregt, die Lernprozesse verstärken und damit direkt unser Handeln beeinflussen.

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Jede neue Erfahrung findet Eingang in das Gedächtnis. Jedoch können sich Spuren im Gedächtnis wieder verlieren oder fest einprägen. Von den vielen Faktoren, die das Schicksal von Gedächtnisspuren beeinflussen, scheint der Schlaf zu den wichtigsten zu zählen. Dr. Sophie Schwartz von der Universität Genf untersuchte das Gehirn von Versuchspersonen mit Hilfe bildgebender Verfahren, um zu sehen, ob sich bestimmte Hirnregionen verändern, wenn sie visuelle Reize erhalten.

Die Forscherin zeigte den Probanden entweder ein unbekanntes Gesicht oder bat sie, zum Beispiel einen Punkt, der sich auf dem Computer bewegt, ganz genau mit dem Cursor zu verfolgen. Anschließend durfte ein Teil der Versuchspersonen schlafen, der andere Teil wurde am Schlafen gehindert. Eine Nacht Schlaf wurde dabei verglichen mit einer Nacht Schlafentzug, Nickerchen mit kein Nickerchen, acht Stunden Nachtschlaf mit acht Stunden Wachsein am Tag.

Schlaf hilft, klar zu denken

Schon lange vermuten Wissenschaftler, dass eine Nacht Schlaf hilft, wieder klar zu denken. Die Forschungen von Schwartz haben nun gezeigt, dass sich in der Tat die Verbindungen jener Hirnzellen neu ordnen, die Verhalten und Entscheidungsprozesse beeinflussen.

„Macht man eine neue Erfahrung und schläft darüber einige Zeit, dann können sich die darauf folgenden Lernvorgänge besser einprägen. Das haben unsere Ergebnisse gezeigt. Die Verbesserung hängt mit Veränderungen der Hirnaktivität in bestimmten Regionen des Gehirns zusammen, die für das Lernen besonders wichtig sind“, sagt Schwartz. Lernen und die Festigung des Gedächtnisses im Schlaf sind wichtig, etwa beim Auswendiglernen aber auch bei Bewegungsabläufen wie Radfahren und Jonglieren.

Pfade im Nervensystem werden fein reguliert

Da der Schlaf Lernvorgänge bei Erwachsenen konsolidiert, hilft er die Pfade im Nervensystem fein zu regulieren, die unser Handeln bestimmen, wenn wir wach sind. Aber noch immer ist nicht bekannt, wie lange man schlafen sollte und welche Zeit des Schlafens sich am besten auf die geistigen Fähigkeiten auswirkt.

„Jeder schläft! Aber einige Menschen schlafen weniger als der Durchschnitt der Bevölkerung, andere haben ungewöhnliche Schlafstrukturen, und einige Medikamente können sich auf die Dauer bestimmter Schlafphasen auswirken. Wir müssen auch viel besser untersuchen, welche Auswirkung der Schlaf auf die Gehirnentwicklung von Kindern hat“, sagte Schwartz heute auf dem Forum der Europäischen Neurowissenschaften.

Folgen von Schlafstörungen auf der Spur

Mit Hilfe bildgebender Verfahren wird es möglich sein zu untersuchen, welche Auswirkungen die Schlafstörungen von Patienten mit Schlaflosigkeit, Schlafapnoe oder Depressionen auf die Lernfähigkeit haben. Schwartz: „Wir möchten gerne wissen, welche Hirnströme in die Lernprozesse während der Nacht eingebunden sind und ob wir diese Auswirkungen auf das Lernen experimentell verbessern können. Wir möchten auch wissen, wie sich Schlafstörungen auf das seelische Befinden und auf die geistigen Fähigkeiten auswirken, und welche biologischen Faktoren dafür verantwortlich sind.“

(ProScience Communications, 14.07.2008 – DLO)

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