Astronomie

Neue Visionen für den Weltraum

Wissenschaftler fordern Strategiepapier zur nationalen Raumfahrt

Die Zukunft liegt im All: Mit dem Projekt LISA - drei identische Satelliten, die in Dreiecksformation fliegen - wollen Forscher in ein paar Jahren nach Gravitationswellen fahnden. © NASA/JPL-Caltech

Der Weltraum. Unendliche Weiten – und viel Platz für Wissenschaft. Doch welche Themen eignen sich zur Erforschung in der Schwerelosigkeit? Wie sehen die Pläne für mittel- und langfristige Projekte aus? Welche Möglichkeiten der Förderung gibt es? Solche Fragen diskutierten Vertreter aus Wissenschaft, Industrie und Politik auf einem Workshop, zu dem das Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik eingeladen hatte. Ziel der Veranstaltung: Die Vorbereitung eines Strategiepapiers zur nationalen Raumfahrt.

„Die Zeiten für die Raumfahrt sind heute so gut wie seit 20 Jahren nicht mehr“, sagte Jürgen Breitkopf, Geschäftsführer von Kayser-Threde, zu Beginn der Veranstaltung. Das betreffe sowohl das Budget, als auch die Möglichkeit, von Deutschland aus europaweit Schlüsselpositionen zu besetzen. Breitkopf appellierte an die Forscher, solide und langfristige Pläne aufzustellen. „Dann bestehen gute Chancen, dass sie auch umgesetzt werden.“ Wichtig sei der offene Dialog zwischen den Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft. Und der stand im Mittelpunkt des Münchner Workshops.

Deutsche Wissenschaftler führend

Der Ausgangspunkt ist gar nicht so schlecht: Nach den Worten von Ludwig Baumgarten, Vorstandsmitglied des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), ist Deutschland bei der Forschung unter Schwerelosigkeit ganz vorn dabei. Er erinnerte in diesem Zusammenhang an die Experimente mit komplexen Plasmen oder dem Bose-Einstein-Kondensat.

„Auch bei LISA und LISA-Pathfinder, Missionen zum Nachweis von Gravitationswellen, sind deutsche Wissenschaftler führend“, sagte Baumgarten. Sein Fazit: „Ein starkes nationales Programm ist die beste Voraussetzung, sich auch an europäischen Projekten zu beteiligen.“

Baumgartens Vorstandskollege Thomas Reiter mahnte dringend die strategische Neuausrichtung der deutschen Raumfahrt an. „Das letzte Programm wurde im Jahr 2001 vom Bundesforschungsministerium entwickelt“, sagte der ehemalige Astronaut, der sich in der russischen Mir ebenso aufgehalten hatte wie auf der internationalen Raumstation ISS. Laut Reiter sollte das DLR ein Strategiepapier für die nächsten 15 bis 20 Jahre entwickeln, das dann als Grundlage für ein Nachfolgeprogramm dienen könnte.

Perspektiven für die Grundlagenforschung

Gregor Morfill vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik zeigte anschließend grob die Perspektiven für Grundlagenforschung im Weltraum auf. „Wir kennen 17 Naturkonstanten. Kann man sie vielleicht auf eine reduzieren? Und sind diese Konstanten wirklich konstant?“ Das nannte der Physiker als Beispiel für eine der ungelösten Fragen.

„Einige dieser Grundlagenthemen sind jetzt gerade in einer aufregenden Phase, in der sich ein wichtiger Umbruch andeutet“, sagte Morfill. Deutsche Wissenschaftler seien gut platziert und würden auf vielen Gebieten in Zukunft eine bedeutende Rolle spielen. „Erforderlich ist jetzt der politische Wille und die Durchsetzungskraft für eine nachhaltige nationale Strategie.“

In acht Sessions schilderten Wissenschaftler von Max-Planck-Instituten, Universitäten und Forschungseinrichtungen ihre Projekte und Ideen. Von der Jagd nach der Dunklen Energie über die Untersuchung universeller kritischer Phänomene bis hin zu Experimenten mit sogenannter weicher Materie oder dem Studium quantenmechanischer und relativistischer Effekte reichte das Spektrum. An Visionen scheint es jedenfalls nicht zu fehlen.

Wissenschaftler fordern politische Strategie

So zog Morfill denn auch eine positive Bilanz: „Das Symposium hat gezeigt, dass Deutschland voller Ideenreichtum ist. Aber mehr noch, dass deutsche Wissenschaftler auch das Können haben, viele der wirklich grundlegenden noch ausstehenden Fragen der Physik, der Astronomie und der Materialforschung mit innovativen Methoden zu erforschen.“

Aber nach dem Wollen und Können müsse das Machen folgen. „Dazu brauchen wir eine starke Weltraumindustrie, die sich auch für die Herausforderungen und Anforderungen der Wissenschaft begeistert, und eine politische Strategie, die vielen exzellenten Ansätze nachhaltig so zu fördern, dass wir auch die Früchte selber ernten können“, so Morfill.

(MPG, 03.07.2008 – DLO)

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