Keiner der beiden Schädel, die bisher dem deutschen Dichter und Dramatiker Friedrich von Schiller zugeschrieben wurden, ist der „echte“. Zu diesem Ergebnis sind jetzt Freiburger Wissenschaftler nach zweijähriger Forschung gekommen.
Das Team um Professorin Ursula Wittwer-Backofen vom Institut für Anthropologie der Universität Freiburg hatte in Kooperation mit dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) und der Stiftung Weimarer Klassik die Skelettteile, die in der Fürstengruft in Weimar gefunden wurden, mittels DNA-Analyse untersucht.
Nach dem Tod Friedrich Schillers gab es immer wieder Streit um die Echtheit seines Schädels und seiner Gebeine, die zunächst im Kassengewölbe beigesetzt und dann in die Fürstengruft in Weimar überführt wurden. Seit 1913 gibt es sogar zwei Schädel in der Fürstengruft, die Schiller zugeschrieben werden.
In dem Forschungsprojekt, an dem auch Dr. Marc Christian Metzger vom Universitätsklinikum Freiburg beteiligt war, konnten die Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen zeigen, dass weder die beiden Schädel noch die Gebeine von Schiller stammen.
DNA-Analysen sprechen eindeutige Sprache
Den Freiburger Anthropologen ist es mit einer Gesichtsweichteil-Rekonstruktion gelungen, einen der beiden Schädel der Ersten Hofdame Anna-Amalias, Louise von Göchhausen, zugzuordnen. Für die Annahme, dass es sich bei dem zweiten Schädel um den von Schiller handeln könnte, sprechen einige morphologische Untersuchungen. So stimmen die Größe des Schädels, die dreidimensionale Darstellung und die 2D-Gesichtsrekonstruktion mit der Totenmaske Schillers überein.
Außerdem bestimmten die Wissenschaftler das Sterbealter am Zahnzement zwischen 39 bis 52 Jahren, wobei der Mittelwert von 45 Jahren dem tatsächlichen Sterbealter Schillers entspricht. Der gute Gebisszustand und ein zu Lebzeiten ausgefallener Zahn im Seitenzahnbereich stimmen ebenfalls überein.
Die DNA-Analysen des Schädels und die entsprechenden Abgleiche mit der Schwester und den Söhnen Schillers zeigten schließlich jedoch, dass der untersuchte Schädel weder in der mütterlichen noch in der väterlichen Linie mit Schiller verwandt ist. Die Gebeine, die Schiller zugeschrieben wurden, gehören nicht zum Schädel und stammen von mindestens zwei verschiedenen Personen.
Drei Erklärungsansätze
Die Ergebnisse sprechen für drei Interpretationen, wobei die Möglichkeit, dass Schiller mit seinen Eltern nicht verwandt ist und beide Söhne genetisch nicht von ihm abstammen, praktisch ausscheidet, so die Wissenschaftler. Möglich wäre dagegen eine zufällige Verwechslung der Schädel, die bei der „Fahndung“ Goethes nach dem Schiller-Schädel im Kassengewölbe aufgetreten sein müsste. Goethe suchte 1826 mit Bürgermeister Schwabe, die beide Schiller gut kannten, den „größten und schönsten“ Schädel aus.
Die dritte Möglichkeit ist eine gezielte Vertauschung der Schädel. Die Person, die den Tausch vorgenommen hat, müsste die Morphologie genau gekannt und Zugang zur Totenmaske gehabt haben. Um den passenden Schädel auszuwählen, müsste sie auch Zugang zu einer größeren Anzahl an Schädeln gehabt haben. In diesem Fall stellt sich die Frage, wer den Schädel vertauscht und das Gebiss manipuliert haben könnte, so die Wissenschaftler.
(idw – Universität Freiburg im Breisgau, 07.05.2008 – DLO)