Mehr Seeadler, Wanderfalken, Uhus oder Steinkauze: Die Bestände einiger gefährdeter Arten in Deutschland haben sich erholt. Doch trotz umfangreicher Schutzmaßnahmen geht die Vielfalt in der Tier- und Pflanzenwelt insgesamt weiter zurück. Dies geht aus den „Daten zur Natur 2008“ hervor, die Bundesumweltminister Sigmar Gabriel und die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz (BfN), Beate Jessel, gestern in Berlin vorgestellt haben.
Vier Wochen vor der 9. Vertragsstaatenkonferenz zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt, die im Mai in Bonn stattfindet, liegt damit ein umfassender Überblick zur biologischen Vielfalt in Deutschland und weltweit vor.
„Wissenschaftlich fundierte Daten und Informationen über den Zustand und Veränderungen von Natur und Landschaft sind unverzichtbar für eine belastbare, konkrete Standortbestimmung hinsichtlich der Umsetzung dieses zentralen Naturschutzübereinkommens“, sagte Gabriel.
Klimawandel gefährdet Artenvielfalt
Klimaveränderungen könnten laut dem neuen Report bis zum Ende dieses Jahrhunderts die größte Gefahr für die biologische Vielfalt werden. Experten befürchten, dass bei einem Anstieg von zwei Grad Celsius 20 bis 30 Prozent der Arten weltweit vom Aussterben bedroht sind. Hier bedarf es neuer Strategien für den Naturschutz.
Mehr Nationalparks, größere Schutzgebiete
Die Daten zur Natur 2008 belegen aber auch, dass dank intensiver Anstrengungen in den letzten Jahren Erfolge im Naturschutz und in der nachhaltigen Nutzung in Deutschland erzielt wurden. So nahm die Gesamtfläche der Naturschutzgebiete in den letzten zehn Jahren um circa 30 Prozent zu.
Die Zahl der Nationalparke stieg ebenfalls von elf auf 14, ihre Gesamtfläche beläuft sich jetzt auf rund 960.000 Hektar (ha), davon sind über 190.000 ha Landfläche. Mit diesem Zuwachs bei den Schutzgebieten hat Deutschland wesentliche Fortschritte beim Aufbau eines globalen Schutzgebietssystems erzielt, so BfN und BMU.
Mit Bestätigung der EU-Kommission sind nun auch rund 14 Prozent der Landesfläche Deutschlands und fast ein Drittel der Fläche der Ausschließlichen Wirtschaftszone Bestandteil des europäischen Schutzgebietsnetzes Natura 2000. „Der erste umfassende nationale Bericht zum Erfolg der Schutzmaßnahmen im Rahmen von Natura 2000 belegt für etwa ein Viertel der Arten und Lebensraumtypen von europäischer Bedeutung den angestrebten günstigen Erhaltungszustand“, so Gabriel.
Vogelmonitoring mit positiven Ergebnissen
Aufgrund gezielter Artenschutzmaßnahmen haben sich zudem deutschlandweit die Bestände gefährdeter Arten wie Wanderfalke oder Steinkauz positiv entwickelt. Dies zeigen die Ergebnisse des bundesweit neu organisierten und künftig von Bund und Ländern gemeinsam geförderten Vogelmonitorings des Dachverbands der Deutschen Avifaunisten (DDA).
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„Die Erfolge sollten uns weiter ermutigen. Sie zeigen, dass wir in der Lage sind, negative Trends bei der biologischen Vielfalt umzukehren und mit unseren Bemühungen erfolgreich unsere natürliche Umwelt zu schützen und auch wiederherzustellen“, sagte Gabriel.
Auch hinsichtlich einer naturschutzgerechten Nutzung gibt es positive Entwicklungen. Mittlerweile sind in Deutschland rund zwei Drittel der Waldfläche zertifiziert, circa fünf Prozent nach FSC (Forest Stewardship Council) und knapp 65 Prozent nach PEFC (Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes).
Gesamtsituation immer noch alarmierend
„Auch wenn wichtige und richtige Schritte eingeleitet und konkrete Maßnahmen erfolgreich umgesetzt wurden, ist die Gesamtsituation der biologischen Vielfalt und des Naturhaushalts jedoch nach wie vor alarmierend“, sagte BfN-Präsidentin Beate Jessel.
So sind beispielsweise über 70 Prozent der Biotoptypen Deutschlands als gefährdet eingestuft. Nach ersten Ergebnissen der derzeit in Aktualisierung befindlichen Roten Listen für Tiere, Pflanzen und Pilze, die 2008/2009 erscheinen sollen, sind fast zwei Drittel der in Deutschland vorkommenden Reptilienarten in ihrem Bestand gefährdet.
Noch viel zu tun
Diese Beispiele wie auch viele andere in den „Daten zur Natur 2008“ vorgestellten Fakten zeigen, dass es nach wie vor intensiver gemeinsamer Bemühungen auf Landes-, Bundes- wie auch internationaler Ebene bedarf, um der Gefährdung von Natur und Landschaft entgegenzuwirken. Naturschutz muss dabei in alle relevanten Politikbereiche integriert werden, um Schutz, Entwicklung und nachhaltige Nutzung der Natur zu ermöglichen.
Die im November 2007 beschlossene Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt dokumentiert den Willen der Bundesregierung, hier in allen biodiversitätsrelevanten Bereichen unter aktiver Einbindung der gesellschaftlichen Akteure wesentliche Schritte zu tun und gibt hierfür ein klares Handlungsprogramm vor.
„Eine ganze Reihe von Maßnahmen soll bereits bis 2010 umgesetzt werden und in ihrer Gesamtheit zur Verwirklichung des 2010-Ziels beitragen“, so Gabriel abschließend.
(idw – BMU/Bundesamt für Naturschutz/Bundesregierung online, 25.04.2008 – DLO)