Der Tanganjikasee in Ostafrika verfügt über eine einzigartige, meeresähnliche Fauna. Ein Schweizer Forscher hat nun belegt, woher die dort lebenden Süsswasser-Heringe stammen: aus einer Meeresüberflutung in Westafrika vor 25 bis 50 Millionen Jahren.
Dieses Szenario könnte auch die Herkunft anderer Tierarten im Tanganjikasee erklären, schreibt der Biologe Tony Wilson von der Universität Zürich im Fachjournal „Public Library of Science One“ (PLoS One).
Einzigartige Tierwelt
Der Tanganjikasee in Ostafrika ist der älteste der großen Seen Afrikas und verfügt über eine vielfältige endemische – nur dort vorkommende – Fauna. Die spektakuläre meeresähnliche Vielfalt dieser Fauna hat Forscher vermuten lassen, dass der Tanganjikasee vor Urzeiten einmal mit dem Meer verbunden gewesen sein muss.
Neuere geophysikalische Rekonstruktionen weisen jedoch klar darauf hin, dass er durch einen Grabenbruch im afrikanischen Subkontinent entstanden ist und nie direkt mit dem Meer verbunden war.
Rätsel um Besiedlung des Sees
Unbeantwortet blieb hingegen das Tanganjika-Rätsel, weshalb der See eine so spezialisierte und einzigartige Fauna aufweist. „Das Fehlen naher verwandter Arten außerhalb von Tanganjika hat es schwierig gemacht, den zeitlichen Ablauf der Besiedlung des Sees und der Diversifizierung im See selbst zu rekonstruieren“, erklärt Wilson.
Um Licht in die evolutionäre Geschichte der Flora und Fauna von Tanganjika zu bringen, bot sich der Süsswasser-Hering an. Die Tiere gehören nämlich zur großen Gruppe der Pellonula- Heringsfische, die in ganz West- und Südafrika anzutreffen sind.
Eine Rekonstruktion der Stammbäume aus molekularen Daten, eine so genannte molekularphylogenetische Rekonstruktion, deutet darauf hin, dass die Heringe den Westen Afrikas vor 25 bis 50 Millionen Jahren nach einer massiven Meeresüberflutung besiedelt haben.
Tanganjika-See nie direkt mit dem Meer verbunden
In der Folge haben die Pellonula-Heringsfische in Westafrika eine evolutionäre Aufspaltung durchgemacht, so Wilson. Dabei haben sie sich über den ganzen Kontinent ausgebreitet und schließlich auch den Tanganjika-See in Ostafrika erreicht, als dieser eben erst gebildet wurde.
„Der Tanganjika-See war also nie direkt mit dem Meer verbunden““, erklärt Wilson. „Die im See vorkommenden endemischen Süsswasser-Heringe sind vielmehr auf eine Meeresüberflutung zurückzuführen, die vor Urzeiten erfolgt ist.“
(idw – Universität Zürich, 23.04.2008 – DLO)