Die ESA-Sonde Venus Express hat in der Atmosphäre der Venus eine stark schwankende Konzentration an Schwefeldioxid gemessen. Jetzt ist die große Frage, ob dieses vulkanische Gas tatsächlich ein Beleg für die Existenz eines aktiven Vulkanismus sein könnte, oder aber ob das Gas durch einen bisher unbekannten Mechanismus in die Venusatmosphäre gelangt.
Schon seit längerem suchen Planetenforscher nach eindeutigen Hinweisen auf aktive Vulkane auf unserem Schwesterplanet Venus. „Vulkane sind ein Schlüsselbestandteil eines Klimasystems“, erklärt Fred Taylor, Wissenschaftler im Venus Express-Team von der Oxford Universität. „Denn sie setzen klimawirksame Gase wie Schwefeldioxid in die Atmosphäre frei.“
Gibt es aktive Vulkane?
Auf der Erde bleiben Schwefelverbindungen nicht lange in der Atmosphäre erhalten, da sie sehr schnell mit der Erdoberfläche reagieren. Auf der Venus könnte das gleiche gelten, allerdings finden hier die Reaktionen stark verlangsamt statt, in Zeiträumen von rund 20 Millionen Jahren.
Vorherige Weltraummissionen zur Venus hatten immmer wieder hohe Schwefeldioxidwerte in der Atmosphäre des Planeten gemessen. Strittig war dabei, ob das Gas aus aktuellen Eruptionen stammt, oder aber aus Ausbrüchen, die bereits zehn Millionen Jahre zurückliegen. Neue Beobachtungen der Raumsonde Venus Express haben nun die Debatten wieder angeheizt. Denn sie stellte schnelle Veränderungen der Schwefeldioxidwerte in der oberen Atmosphäre der Venus fest.
Unerklärliche Schwankungen in der hohen Atmosphäre
Mithilfe des Instruments SPICAV (Spectroscopy for Investigation of Characteristics of the Atmosphere of Venus) analysierten die Forscher, wie stark das Sonnenlicht durch die oberen Schichten der Atmosphäre absorbiert wird. Aus diesen Werten können sie auf die Identität der Moleküle und Atome in diesen Schichten schließen.
{2r}
Es zeigte sich, dass im Laufe von nur wenigen Tagen die Schwefeldioxidwerte um zwei Drittel absanken. Die Forscher sind noch relativ ratlos und haben keine eindeutige Erklärung für dieses Phänomen. „Ich bin der Vulkan-Hypothese gegenüber sehr skeptisch“, erklärt Jean-Loup Bertaux, Leitender Wissenchaftler des SPICAV. „Aber ich muss auch zugeben, dass wir noch nicht verstehen, warum es so viel SO2 in hohen Höhen gibt, wo es eigentlich vom Sonnenlicht schnell zerstört werden müsste und warum es so wild schwankt.“
In den niedrigeren Atmosphärenschichten scheinen diese Schwankungen deutlich geringer zu sein, wie Infrarotmessungen belegen. „Wir messen Schwefeldioxid in Höhen von 35 bis 40 Kilometern und haben in den letzten beiden jJahren keine Veränderungen stärker als 40 Prozent gesehen, bezogen auf den globalen Maßstab“, so Giuseppe Piccioni, Wissenschaftler am Infrarot-Instrument VIRTIS.
Suche nach Lavaströmen und Eruptionswolken
Der einzige Weg um einen aktiven Vulkanismus eindeutig zu beweisen, wäre die direkte Beobachtung eines aktiven Vulkans in Aktion. Das allerdings ist nicht einfach, da man dafür durch eine 100 Kilometer dicke, wolkenverhangenen Atmosphäre schauen muss. Das Venus Express-Team versucht das Problem nun auf zwei Arten zu lösen. Zum einen suchen sie nach lokalen „Peaks“ in der Schwefeldioxid-Konzentration, die auf eine Eruptionswolke hinweisen könnten, zum anderen suchen sie nach heißen Stellen auf der Oberfläche, die auf frische Lavaströme zurückgehen könnten.
Bisher allerdings hat das dafür geeignete Infrarot-Instrument keine auffälligen Hitzesignaturen entdeckt. Doch die Suche ist noch lange nicht abgeschlossen. Noch ist die Frage nach dem Vulkanismus daher offen.
(ESA, 07.04.2008 – NPO)