Astronomie

Large Binocular Telescope: Mit zwei Augen sieht man besser

Größtes Teleskop der Welt startet binokularen Betrieb

LBT-Aufnahmen der Spiralgalaxie NGC 2770 in 102 Millionen Lichtjahren Entfernung. Das ferne Sternsystem besteht aus einer flachen Scheibe aus Sternen und leuchtendem Gas, die leicht zu unserer Sichtlinie geneigt ist. Das Bild kombiniert zwei Aufnahmen im ultraviolettes und grünen Licht. Dies betont die mehr klumpigen Regionen von neu entstandenen heißen Sternen in den Spiralarmen. © LBT

Nach mehr als zehnjähriger Bauzeit hat das leistungsstärkste Einzelteleskop der Welt, das Large Binocular Telescope (LBT), erstmals mit seinen beiden riesigen „Augen“ den Himmel beobachtet. Die so genannten „First-Light“-Bilder zeigen drei Falschfarbenaufnahmen der Spiralgalaxie NGC 2770 in 102 Millionen Lichtjahren Entfernung von unserem eigenen Milchstraßensystem. Das ferne Sternsystem besteht aus einer flachen Scheibe aus Sternen und leuchtendem Gas, die leicht zu unserer Sichtlinie geneigt ist.

Im ersten Bild sind ultraviolettes und grünes Licht kombiniert. Dies betont die mehr klumpigen Regionen von neu entstandenen heißen Sternen in den Spiralarmen. Im zweiten Bild sind zwei tiefe Aufnahmen im roten Spektralbereich kombiniert, welche die eher gleichmäßige Verteilung der älteren und kühleren Sterne zeigt. Im dritten Bild sind schließlich alle Einzelaufnahmen zusammengefasst, um alle Strukturen der Galaxie zu zeigen.

Sowohl die Kameras als auch die damit gewonnenen Aufnahmen entstanden unter der Verantwortung von Emanuele Giallongo und seinem Team der Large Binocular Camera am Astrophysikalischen Observatorium Rom.

Das LBT soll nach Angaben der US-amerikanischen, italienischen und deutschen Partner in diesem Projekt künftig mit neuen und noch leistungsfähigeren Blicken in die Tiefen des Universums fundamentale Fragen über die Entstehung des Universums und geheimnisvolle Welten in anderen Planetensystemen beantworten.

Spiegel mit Honigwabenstruktur

Kombination zweier tiefen Aufnahmen im roten Spektralbereich. Hier ist die eher gleichmäßige Verteilung der älteren und kühleren Sterne zu erkennen. © LBT

Das auf dem Mount Graham im Südosten von Arizona erbaute LBT kostet 120 Millionen Dollar und ist das Erste einer neuen Generation von außergewöhnlich großen optischen Teleskopen. Es überschreitet bisherige Grenzen in der Astronomie wie auch in der Technologie, denn es verwendet zwei massive Einzelspiegel mit jeweils 8,4 Metern Durchmesser, die nebeneinander auf einer gemeinsamen Montierung installiert sind. Damit erreicht das LBT das Lichtsammlungsvermögen eines Teleskops mit einem 11,8 Meter-Spiegel.

Die beiden Spiegel sind Dank ihrer Honigwabenstruktur viel leichter als konventionelle Reflektoren und arbeiten nun parallel wie ein klassisches Teleskop mit einem einzigen großen Spiegel. In der letzten Ausbaustufe wird das LBT durch die interferometrische Überlagerung der Strahlengänge der beiden Einzelspiegel die Auflösung eines 22,8-Meter-Teleskops erreichen. Damit ist das LBT nun das größte Einzelteleskop der Welt.

Teleskop eine Klasse für sich

In dieser Zusammenfassung aller Einzelaufnahmen sind alle Strukturen der Galaxie gut erkennbar. © LBT

„Dass wir nach den vielen Jahren des Baus nun ein voll funktionsfähiges binokulares Teleskop zur Verfügung haben ist ein Grund zum Feiern nicht nur hier am LBT sondern auch für die gesamte astronomische Gemeinschaft. Das Teleskop wird Bilder liefern, wie man sie noch nie zuvor gesehen hat. Die Leistungsfähigkeit des Teleskops ist eine Klasse für sich. Wir haben nun die Möglichkeit in die Geschichte des Universums zu schauen und den ersten Sternen und Galaxien bei ihrer Geburt zuzusehen“, sagt Peter A. Strittmatter, Präsident der LBT Corporation.

Allein das einzigartige Gebäude für das 600 Tonnen schwere LBT ist bereits ein architektonisches und technologisches Wunder. Sein Bau begann 1996. Die Teleskopstruktur wurde in Italien produziert, während bei der Universität von Arizona die beiden Hauptspiegel gegossen und poliert wurden. Das Teleskop wurde 2002 zum Mount Graham transportiert, der erste Spiegel erreichte den Berg im Jahr 2003 und wurde im Laufe des Jahres 2004 montiert und justiert, 2005 folgte dann der zweite Spiegel. Erstes Licht mit dem ersten der beiden Hauptspiegel erfolgte im Oktober 2005. Dabei wurde die aus 36 Megapixeln bestehende Panorama-CCD-Kamera eingesetzt, die von einem Team unter der Leitung des Observatoriums Rom gebaut worden war. Die Lieferung der zweiten Panorama-CCD-Kamera im November 2007 erlaubte erstmals den Einsatz des zweiten Hauptspiegels und den Abschluss der technischen Arbeiten für das „Erste Licht“ im binokularen Betrieb.

Mehr als nur eine Idee

„Bemerkenswert ist der Umfang der Zusammenarbeit auf internationaler Ebene. Am Anfang war das LBT nur eine Idee. Nun ist es, dank der internationalen Kooperation von mehr als 15 Institutionen, das fortschrittlichste Teleskop der Welt. Die Fertigstellung dieses einzigartigen Instruments zeigt, was möglich ist, wenn Menschen zusammenkommen und auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten“, sagt John P. Schaefer, Vorsitzender des Direktorengremiums der LBT Corporation.

Und Hans-Walter Rix vom Max-Planck-Institut für Astronomie, Heidelberg, und Mitglied des LBT-Boards ergänzt. „Nach dieser großen Anstrengung durch alle beteiligten Partner bedeutet das ‚Erste Binokulare Licht‘ die eigentliche Geburt des LBT. Es ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur vollen Leistungsfähigkeit des Teleskops, weil alle momentan im Bau oder in der Testphase befindlichen Instrumente ihre herausragende Leistungsfähigkeit im binokularen Betrieb zeigen werden.“

(Max-Planck-Institut für Astronomie, 10.03.2008 – DLO)

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