Die Venus, unser Nachbarplanet, verdankt ihre heutige Gestalt möglicherweise einer gewaltigen Kollision zwischen zwei Proto-Planeten. Dieser Frontal-Zusammenstoß, so die These eines britischen Planetenforschers, würde nicht nur ihre ungewöhnliche geringe Dichte und Trockenheit erklären, sondern auch ihre extrem langsame und entgegengesetzte Rotation.
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Die Venus ist eine Art „dunkle Zwillingsschwester“ der Erde. Obwohl sie annähernd die gleiche Größe und geologische Zusammensetzung besitzt, herrschen auf ihr geradezu höllische Bedingungen. Temperaturen von 450 Grad Celsius und eine extrem dichte Atmosphäre dominiert von Kohlendioxid machen die Planetenoberfläche sehr lebensfeindlich. Doch ein weiterer Unterschied liegt unter der Venusoberfläche verborgen und ist bis heute nicht eindeutig erklärt: Der Planet hat, trotz annähernd gleicher Größe, eine sehr viel geringere Dichte als die Erde, sein Eisen-Nickel-Kern ist im Vergleich ungewöhnlich klein.
Fehlender Mond als Ausschlusskriterium?
Eine Hypothese, warum dies so ist, könnte nun durch eine in der Fachzeitschrift „Earth and Planetary Science Letters“ erschienene Studie bestärkt werden. Schon zuvor postulierten einige Planetenforscher, dass eine Kollision zwischen der Prä-Venus und einem zweiten Protoplaneten in der Frühzeit unseres Sonnensystems die Ursache für die Anomalien sein könnten. „Eine Kollisionstheorie wurde aufgegeben, weil der Planet Venus keinen Mond hat, wie er normalerweise bei einem solchen Einschlag entsteht“, erklärt Huw Davies, Planetenforscher der Universität Cardiff.
Demgegenüber belegt Davies in seiner neuen Studie, dass ein fehlender Mond eine Kollision keineswegs ausschließt. Entgegen den bisherigen Überlegungen geht er von einem frontalen Zusammenstoß zweier Protoplaneten aus. In diesem Fall, so der Forscher, würde weniger Material ausgeschleudert und daher auch kein Mond entstehen.
Erklärung für Trockenheit und Rotation
Dafür aber könnte diese Kollision die zahlreichen seltsamen Eigenheiten der Venus bestens erklären, darunter auch die Abwesenheit von Wasser selbst im Inneren: In dem heißen Ball aus Gas und flüssigem Gestein, in den sich die Venus unmittelbar nach der Kollision verwandelt hätte, wäre alles vorhandene Wasser durch Kontakt mit Eisen aus den Protoplanetenkernen chemisch zersetzt worden. Die resultierende extreme Trockenheit des Gesteins würde auch das Fehlen einer Plattentektonik und von Kontinenten nach sich ziehen.
Auch die ungewöhnliche Rotation ließe sich, so Davies, mit diesem speziellen Kollisionstyp begründen. Denn der Planet gehört zu den wenigen im Sonnensystem, die sich sozusagen rückwärts drehen: Auf ihr geht die Sonne im Westen auf und im Osten unter. Zudem ist die Rotation extrem langsam, so dass die Venus für eine Drehung um sich selbst 243 Erdtage braucht.
(Cardiff University, 29.02.2008 – NPO)