Wissenschaftler haben wild lebende Gorillas bei einer quasi menschlichen Paarungsstellung „ertappt” und fotografiert. Statt wie normalerweise Bauch an Rücken kopulierten diese mit einander zugewandten Gesichtern. Das ist das erste Mal, das andere Menschenaffen als die Bonobos in dieser Stellung beobachtet worden sind und gibt Rückschlüsse auf die Entwicklung von Verhaltensweisen bei Primaten.
Nur wenige Primaten paaren sich in der für den Menschen typischen Gesicht-zu-Gesicht-Position, im Biologen-Jargon auch als ventro-ventrale Kopulation bekannt. Mit Ausnahme der Bonobos nutzen stattdessen die meisten Menschenaffen, aber auch generell Säugetiere, die dorso-ventrale-Position, bei der beide Tiere in die gleiche Richtung blicken. Für die westlichen Flachlandgorillas war allerdings schon in Gefangenschaft vereinzelt die „menschliche“ Paarungsweise beobachtet worden, niemals jedoch im Freiland.
„Das Verhalten unserer Cousins, der Menschenaffen, zu verstehen hilft uns auch, die Evolution von Verhaltensweisen unserer eigenen Art und unserer Vorfahren zu begreifen“, erklärt Thomas Breuer, Forscher am Max Planck Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig. Er und seine Kollegen vom Institut sowie von der Wildlife Conservation Society beobachteten Flachlandgorillas im Nouabalé-Ndoki National Park der Republik Kongo, als ihnen dieses sensationelle Foto gelang.
Affenweibchen „Leah“: Einzelfall oder Normalität?
Das Gorillaweibchen, das die ungewöhnliche Haltung einnahm, war den Forschern schon früher durch ihre innovativen Verhaltensweisen aufgefallen. „Leah“, so ihr Spitzname, schrieb bereits im Jahr 2005 Geschichte, als sie einen Stock nutzte, um die Tiefe eines Wasserlochs zu testen, bevor sie hinein watete. Ein solches Verhalten war noch niemals zuvor bei einem Menschenaffen ihrer Art gesehen worden.
„Unser Wissen über die westliche Flachlandgorillas ist sehr beschränkt“, so Breuer. „Diese Studie liefert uns nun wertvolle Informationen über ihr Sexualverhalten. Wir können noch nicht sagen, wie verbreitet diese Paarungsweise ist, aber im Wald ist sie bisher noch niemals beobachtet worden. Es ist faszinierend, auf diese Weise Ähnlichkeiten zwischen dem Paarungsverhalten von Gorillas und Menschen zu entdecken.“
Die Flachlandgorillas gelten als extrem gefährdete Art. Ihre Populationen haben in den letzen Jahren um 60 Prozent abgenommen. Hauptursachen sind die Zerstörung ihres Lebensraums, die illegale Jagd und Krankheiten wie Ebola.
(Wildlife Conservation Society, 14.02.2008 – NPO)