Eine Störung im Einbau von Zuckern in Proteine verursacht die extreme Faltenbildung bei einer angeborenen Hauterkrankung, könnte aber möglicherweise auch bei der normalen Faltenbildung eine Rolle spielen. In der Fachzeitschrift Nature Genetics beschreiben Wissenschaftler eine Mutation, die die Produktion von Glykoproteinen stört und so zu vorzeitiger Hautalterung bei den Betroffenen führt.
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Angeborene Störungen der Glykosylierung (CDG) – dieser sperrige Begriff umfasst eine Reihe von Erkrankungen, bei denen die Bildung der so genannten Glykoproteine gestört ist. Glykoproteine sind Proteine, die nach ihrer Synthese mit einer oder mehreren Zuckergruppen verbunden werden. Der Zuckeranteil kann in seiner Größe stark variieren und von wenigen Prozent bis zu 85 Prozent des gesamten Moleküls ausmachen.
Im Organismus erfüllen Glykoproteine zahlreiche Funktionen, zum Beispiel als Bestandteil von Zellmembranen, Blutplasma oder im Immunsystem. Das Anhängen der Zuckerreste an die Proteine (Glykosylierung) erfolgt in mehreren Stufen in bestimmten Regionen (Endoplasmatisches Reticulum und Golgi-Apparat) innerhalb der Zelle. Zahlreiche Enzyme sind für die Fertigstellung eines Glykoproteins erforderlich. Bisher wurden jedoch überwiegend nur Mutationen beschrieben, die die Funktion einzelner Enzyme betreffen.
Protonenpumpe gestört
Die jetzt von Wissenschaftlern des Berliner Max-Planck-Instituts für molekulare Genetik um Stefan Mundlos gemeinsam mit Kollegen aus Berlin, Köln, Belgien, den Niederlanden, Großbritannien, Oman und den USA jetzt identifizierte Veränderung ist jedoch sehr viel umfassender. Denn sie betrifft ein Protein in der Wand des Golgi-Apparates, des „Postamts“ der Zelle. Er erfüllt vielfältige Aufgaben der Umwandlung, Sortierung, Lagerung und Konzentration von Stoffen. Die „Protonenpumpe“ in der Wand des Golgi-Apparates ist für den Transport von Protonen verantwortlich und reguliert so den ph-Wert innerhalb des Golgi-Apparates.
Die Wissenschaftler untersuchten eine Reihe von Kindern, die bereits kurz nach der Geburt starke Hautfaltenbildung und hängende Hautaussackungen im Gesicht und am Körper aufwiesen. Sie fanden heraus, dass bei allen Betroffenen die Glykosylierung der Plasmaproteine gestört war.
Durch weitergehende Untersuchungen konnten die Forscher nachweisen, dass diese Störung mit der Mutation des Genes ATP6V0A2 einherging, welches für die a2-Untereinheit eines Proteins (ATPase) in der Wand des Golgi- Apparates kodiert. Die Wissenschaftler vermuten, dass die gestörte ph-Regulation Auswirkungen auf den Transport der Glykoproteine hat und dadurch indirekt die Glykosylierung beeinträchtigt.
Auch natürliche Hautalterung betroffen?
Ob auch die natürliche Hautalterung, die bei allen Menschen stattfindet, auf Defekte der Glykosylierung zurück zu führen ist, und welche Mechanismen im Körper oder Einflüsse von außerhalb diese einleiten, können die Forscher noch nicht sagen. Stellt man sich jedoch Therapiemöglichkeiten gegen Faltenbildung auf molekularer Ebene vor, gilt für die heute verfügbaren Produkte: Alles nur Kosmetik.
(Max-Planck-Institut für molekulare Genetik, 06.02.2008 – NPO)