Der Klimawandel setzt eine grundlegende Annahme des Wassermanagements außer Kraft: Der heutige Umgang mit der Ressource Süßwasser basiert darauf, dass Niederschlag und Abflussmengen von Gewässern innerhalb fester Grenzen schwanken. Doch der menschliche Einfluss auf das Klima der Erde verändert die Durchschnitts- und die Extremwerte dieser Faktoren, sodass das Prinzip der so genannten Stationarität nicht länger gilt, berichten Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Science“.
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Im Wassermanagement müssen Wasserangebot und -nachfrage abgestimmt und Risiken für Leben und Besitz von Menschen minimiert werden, ohne Naturereignisse wie Dürren oder Überschwemmungen sicher voraussehen zu können. Bislang konnten die künftigen Bedingungen am besten mit einem Blick in die Vergangenheit abgeschätzt werden. „Doch der Klimawandel erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass es in der Zukunft zu Dürren oder Überschwemmungen kommt wie sie bisher nie beobachtet wurden“, sagt Christopher Milly vom US-amerikanischen Geological Survey (USGS).
Schwerwiegende Veränderungen des Wasserhaushaltes
„Bei Investitionen in die Infrastruktur des Wassermanagements muss das ungewisse und sich verändernde Klima berücksichtigt werden“, sagt Zbigniew Kundzewicz, Leiter der Gruppe Hydrologie am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Koautor des „Science“-Artikels. Pro Jahr werden weltweit rund 345 Milliarden Euro für Wasserbau-Projekte wie Kanalisierungen, Dämme oder Wasserkraftwerke ausgegeben. Bei der Planung neuer Infrastruktur und der Instandhaltung alter muss man sich nun auf nicht-stationäre Bedingungen einstellen. „Die zu erwartenden Veränderungen des Wasserhaushaltes werden deutlich über die Grenzen bislang beobachteter Schwankungen hinausgehen“, sagt Kundzewicz.
Wie die Autoren in ihrem Artikel beschreiben, lässt der Anstieg der durchschnittlichen Lufttemperatur mehr Wasser verdunsten und verstärkt den Wassertransport in der Atmosphäre. Wo wasserdampfreiche Luftströmungen zusammentreffen nimmt der Niederschlag zu und das Risiko von Überschwemmungen steigt. Das Schmelzwasser von Gletschern erhöht zeitweise die Wasserverfügbarkeit. Aber wo Gletscher und Schneebedeckung schwinden, wird weniger gefrorenes Süßwasser gespeichert. In küstennahen Regionen sind die Vorkommen durch den Anstieg des Meeresspiegels gefährdet, berichten die Wissenschaftler. Das Risiko, dass Salzwasser einströmt, steigt mit dem Meeresspiegel.
Gewinner und Verlierer
Projektionen der Süßwasserverfügbarkeit ergeben ein komplexes Bild von Gewinnern und Verlierern unter den Regionen der Erde. Anhand der Daten von mehreren Klimamodellen haben die Forscher eine nach Ländern aufgelöste Weltkarte erstellt. Die Karte zeigt, wo die Gesamt-Abflussmengen voraussichtlich abnehmen und wo sie voraussichtlich zunehmen werden. Das globale Muster der bereits zu beobachtenden Trends hat wahrscheinlich keine natürlichen Ursachen. Es stimmt aber mit den in Modellen simulierten Auswirkungen des Klimawandels überein.
Die Wasserverfügbarkeit in den nördlichen Breiten der Nordhalbkugel und in einigen tropischen Regionen wird wahrscheinlich zunehmen. Im Mittelmeerraum, in Südafrika und im südwestlichen Nordamerika nimmt sie wahrscheinlich ab. „In diesen trockenen Regionen steigt das Risiko von Dürreereignissen“, sagt Milly.
„Die Stationarität kann nicht wiederbelebt werden“, sagt Kundzewicz. Selbst wenn effektive Klimaschutzmaßnahmen ergriffen werden, muss man davon ausgehen, dass sich das globale Klima weiter erwärmt. Das bereits ausgestoßene Treibhausgas Kohlendioxid bleibt lange in der Atmosphäre erhalten und das Klimasystem der Erde reagiert träge auf veränderte Konzentrationen auch anderer klimawirksamer Gase.
Wassermanagement an Klimawandel anpassen
Die Planung im Wassermanagement kann jedoch an den Klimawandel angepasst werden. Die Klimaforschung schreitet schnell voran und erweitert die Wissensbasis. Ein schneller und umfassender Informationsaustausch zwischen Klimaforschung und Wassermanagement ist entscheidend, schreiben die Autoren. Neue, räumlich höher aufgelöste Modelle könnten dann das Grund- und Oberflächenwassers besser abbilden.
Die Modelle sollten dazu auch die Infrastruktur des Wassermanagements und die Wassernutzung etwa in der Landwirtschaft oder im Energiesektor stärker berücksichtigen. Ihre Aussagen könnten Messungen aber nur ergänzen, nicht ersetzen, schreiben die Autoren und schlagen vor, die analytischen Strategien jetzt an die neuen, nicht- stationären Bedingungen anzupassen. „Die Annahme, dass die Vergangenheit der Schlüssel zur Zukunft ist, hat für das Wassermanagement viel von ihrem Wert verloren“, sagt Kundzewicz.
(idw – Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, 01.02.2008 – DLO)