In einem feierlichen Festakt ist Professor Dr. Dr. h.c. Rolf Emmermann heute im GeoForschungsZentrum (GFZ) Potsdam das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen worden. Die Bundesministerin für Bildung und Forschung Annette Schavan überreichte ihm die Ehrung für seine außergewöhnlichen Verdienste um den Aufbau und die Neuorganisation der Geowissenschaften in Deutschland.
„Mit Professor Emmermann wird eine Persönlichkeit geehrt, die maßgeblich die Geowissenschaften in Deutschland geprägt hat“, führte Schavan aus. „Die hohe internationale Reputation der deutschen Geowissenschaften beruht zu einem erheblichen Teil auf Rolf Emmermanns Initiativen.“ An der Feier nahmen der Ministerpräsident des Landes Brandenburg, Matthias Platzeck, die Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, Johanna Wanka, Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs und weitere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens teil.
Gründung des GFZ
Untrennbar mit dem Namen Emmermanns verbunden ist die Konzipierung, die Gründung und der Aufbau des GeoForschungsZentrums Potsdam. Diese zur Helmholtz-Gemeinschaft gehörige Einrichtung hat sich unter Emmermanns Leitung seit der Gründung 1992 zum international etablierten zentralen Forschungszentrum für Geowissenschaften Deutschlands entwickelt.
Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung entwarfen Anfang der 1990er Jahre mehrere führende deutsche Geowissenschaftler unter der Federführung Emmermanns ein Konzept für eine Großforschungseinrichtung zur Erforschung des Systems Erde. Emmermann wurde dann zum Gründungsdirektor des GeoForschungsZentrums auf dem traditionsreichen Potsdamer Telegrafenberg.
Das Kontinentale Tiefbohrprogramm der Bundesrepublik Deutschland
Den dafür nötigen wissenschaftlichen und organisatorischen Hintergrund brachte Emmermann aus einem weiteren Großprojekt der Geowissenschaften mit, das wesentlich von ihm initiiert und unter seiner Leitung und Federführung durchgeführt wurde: das Kontinentale Tiefbohrprogramm der Bundesrepublik Deutschland (KTB), aus dem ab 1996 das International Continental Scientific Drilling Program (ICDP) entwickelt wurde.
Das KTB war seinerzeit das bis dato größte deutsche Geo-Forschungsprojekt. Aus dem KTB wurden zahlreiche Technologien und Patente der Bohrindustrie entwickelt. Mit dem KnowHow aus dem KTB war das GFZ unter Führung Emmermanns in der Lage, ein groß angelegtes internationales wissenschaftliches Bohrprogramm mit vielfältigen geowissenschaftlichen Fragestellungen zu entwerfen. Im Februar 1996 wurde in Tokyo der Gründungsvertrag des ICDP unterzeichnet, neben Deutschland waren die Vereinigten Staaten und die Volksrepublik China Gründungsmitglieder. Ziel des Programms ist es – analog zum Integrated Ocean Drilling Program IODP – globale geowissenschaftliche Fragestellungen an den dafür am besten geeigneten kontinentalen Lokationen zu untersuchen. Heute gehören dem ICDP 16 Nationen an. 22 Bohrprojekte, 43 große internationale Workshops, Trainingskurse und über 1.000 beteiligte Wissenschaftler sind ein Beleg für die Qualität des Programms. Emmermann ist Vorsitzender des Executive Committee, das die wissenschaftliche Leitung des ICDP organisiert.
Der Tsunami im Indischen Ozean 2004
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Auch die Initiierung und Leitung des Großprojekts zum Aufbau eines „Tsunami-Frühwarnsystem für den Indischen Ozean“ geht auf Emmermann zurück. Die Zahl von mehr als 230.000 Opfern der Katastrophe vom 26.12.2004 verdeutlichte drastisch die Notwendigkeit eines solchen Frühwarnsystems in der Region. Unmittelbar nach der Katastrophe entwarf ein Konsortium deutscher Geo- und Meereswissenschaftler unter Leitung von Emmermann das Konzept für das heute unter dem Namens GITEWS (German-Indonesian Tsunami Early Warning System) bekannte Warnsystem und konnte es bereits im Januar 2005, knapp drei Wochen nach der Katastrophe, dem Bundeskanzler vorstellen.
Der Helmholtz-Gemeinschaft, vertreten durch das GFZ unter Leitung Emmermanns, wurde schließlich der Auftrag zum Aufbau des Warnsystems als dem zentralen Teil der deutschen Flutopferhilfe übertragen. Seitdem arbeitet das GFZ Potsdam, gemeinsam mit den anderen wichtigen Geo- und Meeresforschungseinrichtungen in Deutschland, einigen KMU-Firmen und Partnern im Ausland, am Aufbau des Tsunami-Frühwarnsystems. Das GITEWS befindet sich auf gutem Weg, die Arbeiten laufen nach Plan und Ende 2008 kann der operationelle Betrieb aufgenommen werden. Zahlreiche innovative Technologien und Verfahren sind bereits erfolgreich entwickelt worden.
GEOTECHNOLOGIEN-Programm
Auch die Konzeption des GEOTECHNOLOGIEN-Programms, eines von der DFG und dem BMBF gemeinsam finanzierten FuE-Programms, als neues Großforschungsprojekt der Geowissenschaften in Deutschland, geht auf Emmermanns Initiative zurück. Hier ist es erstmals gelungen, die Deutsche Forschungsgemeinschaft und das Bundesministerium für Bildung und Forschung zu einem gemeinsam getragenen und langfristig angelegten Förderprogramm zusammen zu bringen. Förderentscheidungen werden in diesem Programm gemeinsam getragen, es gibt einen gemeinsamen Lenkungsausschuss und gemeinsam gewählte Gutachtergremien.
Die Etablierung dieses Förderprogramms, wo unter Federführung von Emmermann Universitäten und nicht-universitäre Forschungseinrichtungen ein Forschungskonzept und eine gemeinsam verabschiedete Strategie erfolgreich etabliert haben, gehört zu den herausragenden Beispielen der Integration einer sehr diversifizierten Wissenschaftslandschaft, wie es gerade die Geowissenschaften in Deutschland darstellen.
Abschied vom GFZ-Potsdam
Die Feierstunde war zugleich der offizielle Abschied Emmermanns vom GFZ Potsdam. Bereits seit Juni 2007 liegt die Leitung des GFZ in der Hand von Professor Reinhard Hüttl, der die Arbeit seines Vorgängers wie folgt würdigt: „Selten fokussiert sich in einer Person so viel wissenschaftliche Zeitgeschichte wie bei Rolf Emmermann. Allein der Aufbau des GFZ ist schon eine enorme Leistung. Aber alle größeren Projekte in der Hand von Professor Emmermann hatten aufgrund seines strategischen Weitblickes eine nicht für möglich gehaltene Integration der Geowissenschaften Deutschlands zum Resultat. Wenn wir heute die Geowissenschaften in unserem Land nicht mehr als ein Konglomerat aus Einzeldisziplinen sehen, sondern eher unter einem themen- und problemorientierten Ansatz mit einem starken gesellschaftlichen Bezug, dann ist das zum nicht unerheblichen Teil Rolf Emmermanns Verdienst und zugleich eine Verpflichtung für die Zukunft.“
(GFZ Potsdam, 08.01.2008 – DLO)