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Medizintechnik

Allergie-Forschung: Tierversuche ade?

Neues Verfahren spürt bedrohliche chemische Substanzen auf

Neue Verfahren sollen das allergische Risiko von Chemikalien zuverlässig voraussagen und Tierversuche ersetzen. © Fraunhofer ITEM

Testen, welche chemischen Substanzen allergische Reaktionen hervorrufen können – das geht bisher nur im Tierversuch. Im Projekt „Sens-it-iv“ arbeiten Fraunhofer-Forscher nun an neuen Verfahren: Sie sollen das allergische Risiko von Chemikalien zuverlässig voraussagen – ohne den Einsatz lebender Tiere.

Die Gefahr lauert überall: in Textilien, Kosmetika, Medikamenten, Waschmitteln, Lebensmitteln, Spielzeugen oder gar am Arbeitsplatz – Substanzen, die Allergien auslösen können, sind immer präsent. Angesichts der dramatischen Zuwächse von allergischen Krankheiten wird der Bedarf nach deren Eindämmung größer.

Vor zwei Jahren hat die EU eine neue Verordnung beschlossen. Demnach sollen sämtliche Chemikalien hinsichtlich ihres toxischen Risikos neu bewertet werden. Eine besonders wichtige Frage: Welche Substanzen haben ein sensibilisierendes Potenzial, können also Allergien auslösen?

Lungenschnitte statt lebender Tiere

Bisher waren Tierversuche nötig, um diese Frage zu beantworten. Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin ITEM in Hannover arbeiten nun innerhalb des EU-Projekts „Sens-it-iv“ an Verfahren, die solche Tests weitgehend überflüssig machen sollen.

„Wir haben unser Augenmerk auf Substanzen gerichtet, die über die Lunge in den Körper gelangen, das heißt, die der Mensch inhaliert“, sagt Projektleiter Dr. Armin Braun. „Um das allergische Risiko einer Substanz bewerten zu können, behandeln wir keine lebenden Tiere damit, sondern benutzen stattdessen Lungenschnitte.“ Das Lungengewebe stammt vorwiegend aus Nagetieren und wird mit einem speziellen Verfahren präzise und fein geschnitten.

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Die Forscher behandeln diese „Precision-cut Lung Slices“ (PCLS) mit der Substanz und werten die Reaktion des Gewebes mit unterschiedlichen Methoden aus: Unter anderem stellen sie fest, welche Gene im Gewebe möglicherweise aktiviert oder welche Eiweißmoleküle von der Zelle verstärkt produziert werden: Sind welche darunter, die bei der Immunantwort eine Rolle spielen, die also eine allergische Reaktion auslösen?

Außerdem können sie im Mikroskop mögliche Wechselwirkungen zwischen Zellen des Gewebes und der Immunabwehr sehen. Da es sich bei den PCLS um ganze Gewebeschnitte handelt, beobachten die Forscher physiologische Vorgänge im natürlichen Zellverband, ähnlich wie es bei einer Immunantwort im Körper der Fall ist.

Verfahren schon bald einsatzbereit?

Noch behandeln die Wissenschaftler die PCLS mit chemischen Substanzen, deren allergenes Potenzial bekannt ist, um das Verfahren zu verbessern. In naher Zukunft wollen sie eine Vielzahl von Substanzen testen, die noch nicht bewertet sind. Für diese In-vitro-Tests, also Versuchen in Kultur, sind dann nur wenige Tiere notwendig, aus denen man das Lungengewebe entnimmt.

Vor allem die Industrie – sei es für Kosmetika, Textilien oder Pharmazeutika – und auch Behörden, etwa für Arbeitsschutzbestimmungen, werden von „Sens-it-iv“ profitieren.

(idw – Fraunhofer-Gesellschaft, 07.01.2008 – DLO)

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