Naturkatastrophen hatten im Jahr 2007 deutlich schlimmere Folgen als 2006. Dies teilte jetzt die Münchener Rock Versicherung mit. Danach betrugen die gesamtwirtschaftlichen Schäden bis Ende Dezember rund 75 Milliarden US-Dollar – rund 50 Prozent mehr als im Jahr 2006. Allerdings lagen die Zahlen damit noch immer weit entfernt vom Rekordjahr 2005 als sogar Schäden in Höhe von 220 Milliarden US-Dollar registriert wurden. Die Versicherungsexperten zählten 2007 insgesamt 950 Naturkatastrophen – die höchste Zahl seit Beginn der systematischen Erfassung in der NatCatService-Datenbank der Münchener Rück 1974.
„Der Trend bei den Wetterextremen zeigt: Der Klimawandel wirkt sich bereits aus, und künftig ist mit mehr Wetterextremen zu rechnen. Dass Größtkatastrophen 2007 ausblieben, darf darüber nicht hinwegtäuschen.“, so Torsten Jeworrek von der Münchener Rück. Die versicherten Schäden betrugen 2007 knapp 30 Milliarden US-Dollar – auch hier ergab sich damit fast eine Verdoppelung im Vergleich zum Vorjahr.
Die schlimmsten humanitären Katastrophen ereigneten sich 2007 wie so oft in Entwicklungs- und Schwellenländern: So waren bei Stürmen, Überschwemmungen und Erdrutschen in verschiedenen Teilen Asiens mehr als 11.000 Menschen Todesopfer zu beklagen, allein in Folge des Zyklons Sidr starben im November in Bangladesh rund 3.300 Menschen.
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Gemessen an den gesamtwirtschaftlichen Schäden war jedoch das Erdbeben im japanischen Niigata-Bezirk am 16. Juli 2007 das teuerste Ereignis. Das mittelschwere Beben der Magnitude 6,6 verursachte einen wirtschaftlichen Schaden von 12,5 Milliarden US-Dollar, Versicherer waren aber kaum betroffen. Die hohen Schäden zeigen die Anfälligkeit der Wirtschaft bei Naturkatastrophen, so die Münchener Rück. Das weltgrößte Atomkraftwerk nahe der Stadt Kashiwazaki wurde beschädigt, kleinere Mengen radioaktiver Substanzen gelangten in die Umwelt. Da auch ein Autozulieferer von dem Beben betroffen war, fiel bei Autoherstellern die Fertigung von 120.000 Fahrzeugen aus.
Europa besonders betroffen
Die gemessen an den versicherten Schäden schwerwiegendsten Ereignisse wurden in Europa registriert. Die teuerste Naturkatastrophe für die Versicherungswirtschaft war der Orkan Kyrill, der sich als Höhepunkt der überdurchschnittlichen Wintersturmsaison am 17. Januar aus einem Tiefdruckgebiet über dem mittleren Atlantik bildete. Mit Windgeschwindigkeiten von weit über 100 Kilometer pro Stunde (km/h) – in Spitzen über 200 km/h – zog Kyrill am 18. und 19. Januar quer über Europa bis nach Polen, Tschechien und Österreich.
Kyrill verursachte einen gesamtwirtschaftlichen Schaden von rund zehn Milliarden US-Dollar, mit einem versicherten Schaden von etwa 5,8 Milliarden US-Dollar war er der zweitteuerste Sturm in Europa nach dem Orkan Lothar im Dezember 1999, der höhere Windgeschwindigkeiten hatte, geografisch aber zugleich stärker eingegrenzt war. Die Besonderheit von Kyrill waren die lang anhaltenden hohen Windgeschwindigkeiten in weiten Teilen Europas.
Besonders stark betraf Kyrill Deutschland, wo mehr als die Hälfte des versicherten Schadens anfiel. Über 1,5 Millionen Einzelschäden – vielfach kleinere Summen – wurden gemeldet. In Ostdeutschland gab es besonders dort starke Schäden, wo sich im Bereich der mit dem Sturm verbundenen Kaltfront Gewitter mit Hagelschlag sowie Tornados bildeten.
Einen in der Summe noch größeren Schaden für die Versicherungswirtschaft – wenn auch durch aufeinander folgende Ereignisse – verursachten im Sommer zwei Überschwemmungen in England. Von Juni bis August wurden in England und Wales die höchsten Niederschlagsmengen seit Beginn der Aufzeichnungen 1914 gemessen, in Mittel- und Nordostengland regnete es doppelt so viel wie normal. Die Schäden aus den Ereignissen im Juni und drei Wochen später im Juli waren ähnlich hoch und betrafen teilweise dieselben Grafschaften: Rund vier Milliarden US-Dollar betrug beide Male der gesamtwirtschaftliche Schaden, jeweils rund drei Milliarden US-Dollar trugen die Versicherer.
Schwerere Stürme, mehr Starkregen
„Diese Ereignisse kann man natürlich nicht allein auf den Klimawandel zurückführen, aber sie passen zu dem Muster, das wir langfristig zu erwarten haben: schwerere Stürme, mehr Starkregen und damit tendenziell eine höhere Hochwassergefährdung – auch in Deutschland“, so Professor Peter Höppe, Leiter der GeoRisiko-Forschungsabteilung der Münchener Rück. Wegen der tendenziell steigenden Schäden fordert die Münchener Rück seit Langem, konsequent gegen die Ursachen des Klimawandels vorzugehen und sich an unvermeidbare Veränderungen anzupassen. „Die auf dem jüngsten Weltklimagipfel verabschiedete ‚Bali Roadmap’, die ein Aushandeln eines Kioto-Nachfolgeabkommens bis 2009 vorsieht und indirekt dafür auch Rahmendaten gesetzt hat, ist ein begrüßenswerter und guter Schritt“, betont Höppe.
Auch 2007 reiht sich wieder in die Liste der wärmsten Jahre seit Beginn der routinemäßigen Messungen ein: Nach den bis Dezember vorliegenden Daten des britischen Hadley Centre war es global das siebtwärmste, für die Nordhalbkugel sogar das Zweitwärmste. Damit liegen die global gesehen elf wärmsten Jahre innerhalb der vergangenen 13 Jahre.
Wetterbedingte Naturkatastrophen nehmen zu
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Die Hurrikansaison im Nordatlantik verlief nach Angaben der Versicherungsexperten von der Münchener Rück relativ glimpflich, obwohl die Rahmenbedingungen zunächst einen schwereren Verlauf wahrscheinlich machten. Zwar wurde mit 15 namentlich benannten Stürmen der Mittelwert der aktuellen Warmphase seit 1995 erreicht, die Zahl der Stürme mit Hurrikanstärke (fünf) lag aber mit acht unter dem Durchschnitt. Die Gründe liegen in der niedriger als erwarteten Wasseroberflächentemperatur im tropischen Atlantik und in hemmenden Strömungsverhältnissen in höheren Atmosphärenschichten.
Die relativ niedrigen Schäden dagegen sind durch die Zugbahnen der Hurrikane zu erklären – das US-amerikanische Festland blieb so wie schon 2006 von schweren Wirbelstürmen verschont. „Dean“, der schwerste Hurrikan der höchsten Kategorie 5, ging im August auf der mexikanischen Halbinsel Yucatan an Land, mit Windgeschwindigkeiten bis zu 270 km/h war er mit den Hurrikanen „Rita“ und „Wilma“ des Jahres 2005 vergleichbar. Auf Yucatan und den Karibikinseln richtete Dean schwere Schäden an, die großen Touristengebiete waren nicht so stark betroffen.
„Die Schäden durch wetterbedingte Naturkatastrophen werden weiter zunehmen, dafür sprechen alle Fakten. Als führender Rückversicherer sind wir darauf vorbereitet. Am Ende müssen aber die Bürger dafür bezahlen – über teurere Versicherungen oder für steuerfinanzierte Reparaturen an der Infrastruktur“, so Vorstandsmitglied Jeworrek. „Daher ist rasches, internationales Handeln angesagt. Und im Klimaschutz liegen enorme wirtschaftliche Chancen durch neue Technologien und mehr Energieeffizienz. Besonders Unternehmen, die schnell handeln, werden profitieren. Dazu sind auch wir entschlossen, wie unsere langjährige Forschung und neue Versicherungsprodukte wie etwa Deckungen für Anlagen für erneuerbare Energien belegen.“
(Münchener Rück, 02.01.2008 – DLO)