In der Natur findet die Partnerwahl selten statt, ohne dass andere Individuen derselben Art zuschauen. Hat solch ein „Publikum“ Einfluss auf Partnerwahlentscheidungen? Dieser Frage sind jetzt Wissenschaftler bei Poecilia mexicana, einem mexikanischen Süßwasserfisch, nachgegangen. Ergebnis: Taucht ein Konkurrent auf, verändern sich die Vorlieben der Männer hinsichtlich der Weibchen deutlich, so die Forscher in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Animal Behaviour“.
Seit geraumer Zeit erforschen Wissenschaftler Paarungsvorlieben unter verhaltensökologisch- evolutionsbiologischen Gesichtspunkten. Aus evolutionsbiologischer Sicht sind Paarungspräferenzen besonders interessant, weil sie zu nicht-zufälligen Verpaarungen führen und damit die Evolution von „sexuell selektierten“ Merkmalen ermöglichen.
Aufwändige Gesänge und bunte Federkleider
Bekannte Beispiele dafür sind die aufwändigen Gesänge und die bunten Federkleider vieler Vogelarten. Paarungspräferenzen sind bislang vor allem in Laborversuchen untersucht worden, in denen dem Tier die Wahl zwischen zwei oder mehreren potenziellen Paarungspartnern gegeben wird.
Wie die Wissenschaftler der Universität Potsdam um Martin Plath und Professor Ralph Tiedemann in ihrer Studie beobachteten, zeigen die Männchen der untersuchten Fischart Poecilia mexicana in Abwesenheit eines Konkurrenten klare Paarungspräferenzen für große Weibchen, welche fruchtbarer sind als kleine.
Wurde in den Experimenten jedoch ein männlicher Konkurrent visuell präsentiert, so änderten sich die Präferenzen, und die Männchen teilten ihre Aufmerksamkeit gleichmäßiger zwischen den Weibchen. In Kontrollversuchen ohne Publikum blieben die Präferenzen konstant, und Männchen einer anderen Fischart riefen diesen Effekt nicht hervor.
„Spermienkonkurrenz“ vermeiden
Aktuelle Daten der Wissenschaftler zeigen, dass die Männchen zu Beginn der Präsentation des Konkurrenten sogar signifikant das zuvor nicht bevorzugte Weibchen wählen. Warum ändern die Männchen ihre Paarungspräferenzen in Gegenwart eines Konkurrenten? Die plausibelste Erklärung für die Potsdamer Biologen ist, dass Männchen versuchen, ihre Fitness zu erhöhen, indem sie „Spermienkonkurrenz“ vermeiden, zumal männliche Konkurrenten ähnliche Paarungspräferenzen haben und sich folglich mit demselben (anfänglich) bevorzugten Weibchen verpaaren würden.
Die Untersuchungen tragen zum Verständnis von Kommunikationsnetzwerken bei der Partnerwahl bei, in denen mehrere Individuen beider Geschlechter miteinander kommunizieren und dabei ihre Partnerwahlentscheidungen gegenseitig beeinflussen. Zukünftig wollen sich die Wissenschaftler dem Verständnis solcher Kommunikationsnetzwerke nähern.
Die gegenwärtigen Untersuchungsergebnisse zeigen nach ihrer Ansicht bereits eindeutig, welch dramatischen Effekt das soziale Umfeld eines Tieres auf seine Partnerwahlentscheidungen haben kann: Bereits ein einzelner Konkurrent kann zu einer Änderung führen.
(idw – Universität Potsdam, 19.12.2007 – DLO)