Chirurgische Eingriffe bei krankhafter Fettleibigkeit führen nicht nur zu einer starken Gewichtsreduzierung, sie können auch die Lebenserwartung der Betroffenen deutlich erhöhen. Zu diesem Schluss sind Wissenschaftler von der Universität Witten/Herdecke nach der Auswertung neuester Studien zur so genannten Adipositas-Chirurgie gekommen.
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Nach Einschätzung der Forscher in der Fachzeitschrift „The Lancet“ ist ein Zusammenhang zwischen Operationen, etwa einer Magenverkleinerung, und einer geringeren Sterblichkeit nun erstmals eindeutig belegbar.
Krankhafte Fettleibigkeit ist nicht nur ein ästhetisches Problem, sie führt in vielen Fällen auch zu schweren Folgekrankheiten. Aus Übergewicht und Fettsucht resultieren beispielsweise Diabetes, Herzinfarkte, Krebs, Atemwegserkrankungen und Arthrose. Die neuesten Studien zeigen, dass Adipositas-Operationen die Sterblichkeitsrate um 30 bis 40 Prozent verringern können.
Zwei Arten von Operationen lassen sich unterscheiden: Entweder wird mit einem Magenband der Magen so abgeschnürt, dass die Nahrungsaufnahme erschwert ist. Oder es wird im Magen-Darm-Trakt eine „Kurzschluss“-Verbindung („Bypass“) erzeugt, mit der Folge, dass die Nahrung zwar verspeist aber nicht voll vom Körper verwertet werden kann.
Dauerhafte Hormonfreisetzung als Folge
Wahrscheinlich wirkt die Adipositas-Chirurgie nicht allein über die Reduktion der aufgenommenen Kalorien. Allem Anschein nach kommt es durch die Operation auch zu einer dauerhaften Hormonfreisetzung aus dem Magen-Darm-Trakt mit einem günstigen Effekt auf den gesamten Stoffwechsel.
„Wir halten Adipositas-Chirurgie nur dann für sinnvoll, wenn die Fettleibigkeit krankhafte Ausmaße hat“, betonen indes die Mediziner und Lancet-Autoren Michael Korenkov und Stefan Sauerland. Da die Eingriffe mit gewissen Risiken verbunden sind, empfehlen sie, Kliniken mit ausreichender Erfahrung und fachübergreifender Betreuung auszuwählen. Die Sterblichkeit in Zentren mit großem Patientenaufkommen sei geringer als bei Kliniken mit nur wenigen Operationen im Jahr.
Üblicherweise wird der Körpermasse-Index (Body-Mass-Index, BMI) verwendet, um Übergewicht von Fettsucht abzugrenzen. Der BMI errechnet sich durch Körpergewicht geteilt durch Körpergröße und noch mal geteilt durch Körpergröße. Erst bei einem BMI über 35 wird üblicherweise die Indikation für eine operative Magenverkleinerung gestellt. Meist übernehmen die Krankenkassen nach Einzelfallprüfung die Kosten der Operation. Allein in den USA hat sich die Zahl solcher Operationen in den vergangenen fünf Jahren verfünffacht.
Bessere Lebensqualität für Betroffene
Um zu erfassen, wie sehr sich auch die Lebensqualität der Betroffenen nach einer Operation verbessert, führt die Universität Witten/Herdecke (UWH) derzeit eine europaweite Patientenbefragung durch. Die Studie wird in einem Netzwerk chirurgischer Forscher (CHIR-Net) realisiert, in dem die Universitäten Witten/Herdecke und Köln gemeinsam aktiv sind.
Erste Ergebnisse belegen jetzt, dass eine Operation sich nicht nur für den Patienten, sondern auch aus Sicht der Krankenkassen lohnt: „Es gibt nun endlich gute Daten, dass die Adipositas-Chirurgie bei krankhafter Fettleibigkeit insgesamt effektiver ist als eine nichtoperative Therapie“, so Sauerland vom Institut für Forschung in der operativen Medizin (IFOM) der Universität Witten/Herdecke.
(idw – Private Universität Witten/Herdecke, 17.12.2007 – DLO)