Damit Medikamente im Blut transportiert werden können, müssen sie sich in Wasser lösen. Um dann aber Zellmembranen zu überwinden und an ihren Zielort zu kommen, ist Fettlöslichkeit gefragt. Wissenschaftler haben nun eine Methode entwickelt, mit der sie Nanopartikel aus Goldatomen von einer wässrigen Lösung in ein Öl schleusen können.
Das System aus Wasser und Öl dient ihnen als Modell für die Grenze zwischen Blut und Gewebe. Wie die Forscher in Angewandte Chemie Online berichten, können sie diese Grenze gezielt überwinden, weil sie die Partikel mit einem Polymer beschichten, dessen Löslichkeit sie beeinflussen können.
Gold ist bei der chemischen Partnersuche ziemlich wählerisch, mit manchen Kombinationen von Polymeren lässt es sich aber gut beschichten. So entstehen Nanopartikel, die ganz gezielte biologische Funktionen vereinen können. Einem Forscherteam am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam ist es nun gelungen, Gold-Nanopartikel mit einem Durchmesser zwischen zwei und vierzehn Nanometern herzustellen, die gezielt eine Grenze zwischen Öl und Wasser überqueren. Auf diese Weise könnten sie auch medizinische Wirkstoffe durch bislang unpassierbare biologische Membranen in unserem Körper schleusen.
Ein Mantel aus Spülbürsten
Bei ihren Untersuchungen verwendeten die Wissenschaftler ein Polymer, das am benachbarten Fraunhofer-Institut für angewandte Polymerforschung in Potsdam entwickelt wurde. Es handelt sich dabei um eine Kette aus Methacrylateinheiten, an der Zweige aus Polyethylenglykol hängen. Solche Ketten ähneln Spülbürsten, die sich an die Goldpartikel heften lassen. Je nach Bedarf können die Wissenschaftler die Eigenschaften der Polymerbürsten steuern.
„In Wasser bilden die Bürstenstrukturen über Wasserstoffatome Brücken zu den Wassermolekülen aus“, sagt Dayang Wang, Leiter der Arbeitsgruppe zu nicht-planaren Oberflächen am Potsdamer Max-Planck-Institut. „Das macht die Nanopartikel besonders wasserlöslich.“ Nun haben die Wissenschaftler ein Salz – welches spielt dabei fast keine Rolle – zu der Lösung gegeben und gleichzeitig die Temperatur erhöht. So haben sie die Wasserstoffbrücken geschwächt. Die Polymerketten kehren dann ihre fettlöslichen Teile nach außen, so dass sich die Nanopartikel dann gut in organischen Lösungsmitteln wie Toluol lösen. Befinden sich die Partikel an einer Grenze zwischen Wasser und Öl, wechseln sie spontan, also ohne weitere Energiezufuhr, in die Ölschicht.
Transport über biologische Barrieren
In weiteren Experimenten entwickelten die Forscher eine Technik, die den Vorgang wieder umkehrt. Dazu senkten sie die Salzkonzentration in der Wasserphase wieder und fügten Zitronensäure hinzu. Zitronensäure vermittelt neue Wasserstoffbrücken zwischen der Polymeren und den Wassermolekülen. Das stellt die Wasserlöslichkeit der Nanopartikel wieder her. Salz, Temperatur und Zitronensäure dienen also als Schalter, die den Übergang zwischen Wasser und Öl steuern.
Eine Grenze zwischen Wasser und Öl, wie sie von den Forschern verwendet wurde, dient als Modell für biologische Membranen. „Wenn man ein wasserlösliches Partikel ins Blut injiziert, dann wird es erst einmal vom Blutstrom transportiert“, erklärt Wang. „Wenn es aber ins Gewebe eintreten soll, muss es sich in Öl lösen, da die Membranen der Zellen aus Fettmolekülen bestehen.“ Ein Beispiel für eine solche biologische Membran ist die Blut-Hirnschranke. „Unser nächster Schritt ist die Untersuchung von Zellsystemen, die die Blut-Hirnschranke nachbilden“, sagt Wang. Die Oberfläche von anorganischen Nanopartikeln können die Forscher in Zukunft möglicherweise so gestalten, dass die Teilchen therapeutische Wirkstoffe über solche biologischen Barrieren transportieren.
„Eine andere Anwendung des Verfahrens ist die Modifikation von Katalysatoren“, so Wang. Für eine katalytische Reaktion in einem wässrigen Medium können Chemiker die Agenzien in einer Lösung zusammenbringen, auf der eine Toluolschicht schwimmt. „Um die Reaktion abzubrechen, reicht es vielleicht schon, die Temperatur zu erhöhen“, sagt Wang: „Der Katalysator wandert dann in die Toluolschicht.“
(MPG, 16.11.2007 – DLO)