Sterne entstehen im Universum stets in großen Gruppen, in so genannten Sternhaufen. Astronomen unterscheiden diese Gebilde nach Alter und Größe. Wie sich Sternhaufen aus interstellaren Gaswolken bilden und warum sie sich dann unterschiedlich entwickeln, das haben Bonner Forscher jetzt mit Hilfe von Computersimulationen herausgefunden. Sie lösten damit zumindest theoretisch ein altes astronomisches Rätsel, die Frage nämlich, ob sich Sternhaufen in ihrem Aufbau voneinander unterscheiden.
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Astronomische Beobachtungen haben gezeigt, dass alle Sterne in Sternhaufen entstehen. Astronomen unterscheiden zwischen kleinen, für astronomische Verhältnisse junge Sternhaufen von einigen Hundert bis einigen Tausend Sternen und großen, massereichen Kugelsternhaufen aus bis zu zehn Millionen eng gepackten Sternen, die so alt wie das Universum sind. Niemand weiß, wie viele Sternhaufen von welchem Typ es gibt, weil man die physikalischen Prozesse ihrer Entstehung bisher nicht vollständig berechnen konnte.
Sterne und Sternhaufen entstehen aus der Verdichtung interstellarer Gaswolken. Innerhalb dieser Wolken bilden sich einzelne „Klumpen“, die sich unter dem Einfluss ihrer eigenen Schwerkraft immer weiter zusammenzuziehen und schließlich zu Sternen werden. Ähnlich unserem „Sonnenwind“ strahlen die Sterne starke „Winde“ aus geladenen Teilchen aus. Diese fegen das übrig gebliebene Gas aus der Wolke regelrecht heraus. Übrig bleibt ein Sternhaufen, der sich nach und nach auflöst, bis seine Sterne sich frei im interstellaren Raum der Milchstraße bewegen.
Forscher vermuten, dass unsere Sonne in einem kleinen Sternhaufen entstanden ist, der sich im Verlauf seiner Entwicklung aufgelöst hat. „Sonst wäre unser Planetensystem möglicherweise durch einen nah vorbei fliegenden Stern zerstört worden“, sagt Professor Pavel Kroupa vom Argelander-Institut für Astronomie der Universität Bonn in der Fachzeitschrift „Monthly Notices of the Royal Astronomical Society“ (MNRAS). Um das Entstehen und Vergehen von Sternenansammlungen besser verstehen zu können, haben Kroupa und sein Kollege Holger Baumgardt ein Rechenprogramm entwickelt, das den Einfluss des im Haufen verbliebenen Gases auf die Bahnen der Sterne simuliert.
„Überlebenschancen“ im Test
Das Hauptaugenmerk der Forscher lag auf der Frage, wie die anfänglichen Bedingungen aussehen müssen, damit ein gerade entstandener Sternhaufen für längere Zeit überleben kann. Die Bonner Astronomen fanden dabei heraus, dass zu kleine Haufen sehr leicht durch die Strahlung ihrer Mitgliedssterne zerstört werden. Schwere Sternhaufen haben dagegen deutlich bessere „Überlebenschancen“.
Eine weitere für Astronomen wichtige Erkenntnis ist, dass leichte und schwere Sternhaufen eigentlich denselben Ursprung haben. Kroupa sagt: „Als das Universum geboren wurde, gab es offenbar nicht nur Kugelhaufen sondern auch zahllose kleine Sternhaufen. Jetzt ist es eine Herausforderung für die Astrophysik, deren Überreste zu finden.“ Die Bonner Berechnungen ebnen dafür den Weg, indem sie wertvolle theoretische Hinweise geben.
Das Argelander-Instituts verfügt seit kurzem über fünf so genannte GRAPE-Computer, die die 3000-fache Geschwindigkeit herkömmlicher PCs erreichen. Sie kommen nicht nur in der Forschung, sondern auch in der forschungsnahen Lehre zum Einsatz: „Unsere Studenten und Nachwuchswissenschaftler lernen mit den GRAPE-Computern den Umgang mit Supercomputern und den speziell für sie entwickelten Programmen.“ Trotz der enormen Rechenkapazität benötigten die Maschinen für die Simulation mehrere Wochen Rechenzeit.
(idw – Universität Bonn, 30.10.2007 – DLO)